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Kultur: Ausdrucksschlicht und anrührend

Alle Jahre wieder: Die Musica italiana – italienische Weihnachtsmusik in der Friedenskirche

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Alle Jahre wieder: Die Musica italiana – italienische Weihnachtsmusik in der Friedenskirche Von Peter Buske Alle Jahre wieder kommt das Christuskind auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind. Es bringt mit seinen Gaben Freude in jedes Haus. Singt jedenfalls ein bekanntes Weihnachtslied. Doch ehe es soweit ist, und das Kirchenjahr hat da genaue Abfolgen festgelegt, braucht es einer besonderen Vorbereitungszeit auf Weihnachten und das damit verbundene Ereignis der Geburt Jesu. Sie heißt: Advent. Alle Jahre wieder kommt in dieser Zeit die dazu passende Musica italiana zum Erklingen. In Zusammenarbeit mit „Il Ponte“, der Brandenburgischen Gesellschaft der Freunde Italiens e.V., füllen zur Einstimmung auf den 2. Adventssonntag weihnachtliche Weisen und Worte das Innere der Friedenskirche. Die Zusammenstellung mit überraschend schlichten und einfühlsamen Gaben findet sogleich in die Herzen der zahlreich erschienenen Zuhörer, schenkt ihnen eine fast anderthalbstündige Mußezeit zur freudig-inneren Einkehr. Alle Jahre wieder sorgen Volkslieder aus verschiedenen Regionen Italiens nebst ungekünstelt komponierten Gesängen für jene betrachtenden und berührenden Stimmungen, wie sich einem nach der Geburt eines Kindes einstellen. Pathetische Berichterstattung ist ihnen fremd wie „Ninna nanna“, ein Wiegenlied aus dem Piemont (Satz: Leone Sinigaglia), eindrucksvoll belegt: „wenn das Kindlein weint, ist seine Mutter da, es zu bewundern“. Reinhart Ginzel (Tenor) singt es lyrisch, ausdruckseinfach und vom Notenblatt ab. Die Höhe erobert er sich in der Falsettlage. Dem Weihnachtslied „Dormi, dormi“ aus dem Tessin erzeugt er eine intime Wirkung. Gepflegter Wohllaut, auf Dauer jedoch leider leicht ermüdend. Kräftiger stimmt er dagegen den Hirtenaufruf „Venite, pastores“ von Bonifazio Graziani (1605-1664) an, wodurch der Vortrag unverhofft abwechslungsreicher und dadurch überzeugender ausfällt. Seine Stimme benötigt längst jenen leichten Druck, damit sich zaghaftes, wenig tragfähiges Säuseln im Pianissimo in mezzofortales Aufhorchenlassen verwandeln kann. Von Anfang an gestaltungsdifferenzierter und kraftvoller geht die junge Julia Grinjuk (Alt) mit ihrer Stimme um, die bereits mehr als nur die Spur leuchtenden Glanzes verfügt. In der Kantate „Nascere, nascere“ von Giovanni Battista Bassani (um 1657-1712) bemüht sie sich darum, die Unterschiede zwischen rezitativischen und ariosen Abschnitten deutlich hervortreten zu lassen. Getragen, ja sogar wiegend und seufzend wie es vom Text vorgegeben wird, singt sie den d''Anzischen Weihnachtswunsch „Buon Natale“ und das Schlummerlied einer glücklichen Mutter „Fermarono i cieli“ (Alfonso De'' Liguori). Leider versteht man bei ihr vom Text überhaupt nichts. Beide Sänger werden von Matthias Jacob am Orgelpositiv begleitet, dem nicht mehr als akkordstützende Hilfestellungen abverlangt werden. Der Kantor entledigt sich dieser Arbeiten mit Zurückhaltung und Geschmack. Alle Jahre wieder entdeckt uns Klaus Büstrin wunderschöne Texte. Diesmal sind es Legenden aus einigen Gegenden Italiens, die auf vergnügliche Weise vom Besuch von Vertretern diverser Gewerke beim Neugeborenen nebst anschließenden Wundern erzählen. „Der Fischer Giovanni“ aus Ligurien zieht mit Frischfisch gen Bethlehem, gibt der jungen Mutter praktische Hinweise zur Bereitung seiner grätenreichen Seebarben. Der piemontesische Milchhändler steuert die Erkenntnis bei, man solle sich bei Hilfeleistung nicht überstürzen, denn „wahre Liebe kann warten“. Aus Umbrien bricht der Schlosser Theodoro mit einer Zinnbadewanne nach Nahost auf, damit Maria den Knaben warm baden kann. Und aus der Toscana ist es die Geschichte vom Wacholderbaum, der deshalb als Weihnachtsbaumersatz zu Ehren gekommen ist, weil er der Heiligen Familie bei der Flucht nach Ägypten verbergenden Unterschlupf gewährt hatte. Den Witz und die Lebensweisheiten des Überlieferten trägt der Vorleser sehr präsent und witzig vor. Alle Jahre wieder sind dem gesungenen und gesprochenen Wort auch instrumentale Stimmungsbeschreibungen hinzugegeben. Es sind Sonaten (Francesco Geminiani, Tomaso Albinoni) und Concerto (Alessandro Marcello) für Oboe (Thomas Herzog) und Cembalo beziehungsweise Orgel (beides Inge Lindner), die sich als unterhaltsame Dutzendware erweisen. Mehr ist durch das leider sehr routinierte Spiel, bei der man zwar zusammen, aber nicht gemeinsam musiziert, nicht zu erwarten. Mit vergleichsweise kleinem Blaston werden die Allegri geläufig gespielt. Ohne tieferes Nachsinnen erklingen die langsamen Sätze, voller Verve die Finali. Das Accompagnamento durch die Tasteninstrumente verbleibt im Soliden. „O sanctissima, o piissima“ – dem freundlich-festlichen Vokalfinale folgt herzlicher Beifall.

Peter Buske

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