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Kunst ist schön – macht aber viel Arbeit. Was schon Karl Valentin wusste, erfahren auch die Künstler des Atelierhaus Panzerhalle. Sie müssen für die Miete ihrer Arbeitsplätze jetzt noch mehr schuften.

© Atelierhaus Panzerhalle

Kulturpolitik der Stadt Potsdam: Aussage gegen Aussage

Die Künstlerin Anja Pentrop hat die Kulturpolitik der Stadt Potsdam scharf kritisiert. Die will nun einiges gerade rücken.

Stand:

Potsdam - Ändern wird sich wohl nichts. Aber immerhin eines hat Anja Pentrop erreicht: Ihre Ankündigung, Potsdam wegen des – in ihren Augen nachlässigen – Umgangs der Stadt mit jungen, zeitgenössischen Künstlern zu verlassen, hat einige Leute ziemlich wütend gemacht. Nach ihrem Interview mit dieser Zeitung brach im sozialen Netzwerk Facebook eine ganze Flut von Hass-Kommentaren über sie herein – ohne auf Pentrops Argumente inhaltlich einzugehen.

Sie hatte im PNN-Gespräch nicht nur die Mieterhöhung für die Ateliers in der Panzerhalle durch den kommunalen Immobilienservice (Kis) kritisiert, sonden auch die Tatsache, dass Künstler hier in vielen sozio-kulturellen Projekten ehrenamtlich arbeiten. Selbst in städtischen Ausstellungshäusern – etwa dem Kunstraum an der Schiffbauergasse – gebe es keine Künstlerhonorare, wenn man dort ausstelle. Auch der Kunstraum, so Pentrop, verfüge nicht über genügend Mittel, um den ausstellenden Künstlern ein Honorar zu zahlen.

Kritik an den hohen Mieten für Ateliers

Ernst genommen hat man Pentrops Argumente hingegen bei der Stadt: Markus Klier, Pressesprecher der Stadt sowie zugleich des Kis, ging vor allem auf die Kritik an der Mieterhöhung ein. Der Hintergrund sei, dass ein ehemaliger Stadtverordneter – genauer Andreas Menzel – sich wegen der Mieten für die Künstler in Groß Glienicke an die Kommunalaufsicht des Landes gewandt hatte, so Klier. Die hatte den Fall 2014 geprüft und der Stadt den „deutlichen Hinweis gegeben, dass der Kis keine Form von verdeckter Kulturförderung leisten darf“, so Klier weiter. Daraufhin kam es zu einer Angleichung der Mieten auf 3,33 Euro kalt. Bereits im vergangenen Herbst seien die Mieter der Panzerhalle darüber informiert worden. Bislang zahle ein Teil der Künstler eine nicht kostendeckende, vergünstigte Miete von ca. 1,12 Euro kalt, während andere Mieter eine kostendeckende Miete zahlten.

Warm allerdings würde die Miete damit künftig 5,21 Euro betragen, so Pentrop. Für sie würde sich die Monatsmiete damit von 107 Euro auf 189 Euro erhöhen. Eine Differenz, die sie sich nicht leisten könne – eben weil Künstler in Potsdam wenig Möglichkeiten hätten, Geld zu verdienen.

Stadt Potsdam: Kunst wird besonders stark gefördert

Auch hier widerspricht Klier: „Die Bildende- ist neben der Darstellenden Kunst das von der Stadt im Bereich der kulturellen Projektförderung am stärksten geförderte Genre.“ Im vergangenen Jahr seien 19 000 Euro an die Bildende Kunst geflossen, dieses Jahr seien es 23 000 Euro. In beiden Jahren sei das Atelierhaus Panzerhalle, genauer der Verein, mit 7000 Euro unterstützt worden. Das Atelierhaus besteht seit 1995, seit 2007 nutzt die Künstlergemeinschaft die Räume der vormaligen Schule in Glienicke. Dort sei eine Gemeinschaft gewachsen, die sich gegenseitig unterstütze, so Pentrop. Sie wies allerdings auch darauf hin, dass Oberbürgermeister Jann Jakobs bei einem Besuch im Atelierhaus Panzerhalle im Januar 2014 versichert habe, es bliebe bis 2018 alles wie bisher. Das aber, so Klier, sei keineswegs eine Zusage gewesen, dass sich die Mietkonditionen bis 2018 nicht ändern. Jakobs habe lediglich erklärt, dass die Landeshauptstadt Potsdam bis 2018 die Atelierflächen an diesem Standort erhalten möchte und auch darüber hinaus eine möglichst langfristige Lösung für die Atelierflächen anstrebt.

Soweit, so unentschieden. Natürlich ist es immer so, dass freischaffende Künstler Kleinunternehmer mit eigenem Risiko sind, dass sie ein Angebot schaffen müssen, für das es eine Nachfrage gibt. Gleichzeitig funktioniert Kunst – fundierte Reflektion unserer Lebenswirklichkeit – aber eben nicht eins zu eins nach der Verwertungslogik des freien Marktes. Deshalb arbeiten ja viele Künstler nebenbei – um sich ihre eigentliche Arbeit leisten zu können. Die Gesellschaft – auch die Potsdamer Stadtgesellschaft – muss sich aber auch fragen, ob sie sich den ideellen Mehrwert, den Kunst eben schafft, leisten will.

Pentrop: Stadt kürze die Gelder so, dass nichts für Künstler übrig bleibt

Klar ist auch: Es nicht die Aufgabe der Stadt, freischaffenden Künstlern den Lebensunterhalt abzusichern. Pentrop ging es in ihrer Kritik vor allem darum, dass auch bei kulturellen Projekten der Stadt „Gelder immer so gekürzt werden, dass für den Künstler nichts übrig bleibt.“ Und eben selbst die städtischen Galerie, der Kunstraum, sei nicht gut genug ausgestattet, um Künstler für ihre Ausstellungen dort ausreichend zu entlohnen.

Klier sieht das anders: „Die Ausstellung im Kunstraum, auf die sich Frau Pentrop bezieht, ist eine Gruppenausstellung mit sieben lokalen Nachwuchskünstlern gewesen – hier haben die Künstler durch Ausstellungsmöglichkeiten und eine professionelle Öffentlichkeitsarbeit in erster Linie die Möglichkeit bekommen, bekannter zu werden und sich einen Namen zu machen.“ Und fügt hinzu: Auch in anderen Städten sei es – anders als Pentrop behaupte – nicht üblich, dass für solche Ausstellungen die Künstler 1000 Euro in die Hand gedrückt bekämen. Pentrops Kritik an der schlechten Finanzierung soziokultureller Projekte müsste außerdem ins Verhältnis gesetzt werden zu der umfangreichen Förderung, die die Soziokultur in Potsdam genießt. „Zu nennen sind hier neben dem Lindenpark auch das Freiland, das Waschhaus oder das Archiv“, so Klier.

Am Ende kann natürlich immer nur das Geld verteilt werden, das da ist. Ob in Potsdam zu viel davon in die Vergangenheit – und zu wenig in Zeitgenössisches gesteckt wird, darüber ließe sich gut streiten. „Ich wäre zu einer öffentlichen Talkrunde zur Situation der bildenden Künstler sehr gerne bereit“, sagt Pentrop. Die Frage ist, ob die Stadt das auch ist.

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