Kultur: „Avantgardistisch für seine Zeit“
Laura Laabs über die Ehrung des Defa-Regisseurs Konrad Wolf zu seinem 30. Todestag
Stand:
Frau Laabs, am heutigen Dienstag wird im Filmmuseum an den 30. Todestag des Regisseurs Konrad Wolf erinnert. Sie werden als Studentin der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ (HFF) in diesen Abend einführen. Es ist noch nicht lange her, da wollte HFF-Präsident Dieter Wiedemann den Namen Konrad Wolf aus dem offiziellen Hochschulnamen streichen.
Ich würde behaupten, das ist ein typisches Phänomen. Es geht ganz viel um Pseudo-Modernisierung. Man glaubt, man ist international konkurrenzfähiger, wenn man einfach nur Babelsberg Film Academy heißt und denkt bei sich: Ach, Konrad Wolf, den kennt doch keiner mehr. Da brauchen wir jetzt mal einen moderneren Namen. Das finde ich genau die falsche Reaktion. Besser ist es, zu sagen: Konrad Wolf, den kennt keiner mehr, dann sollten wir uns vielleicht ein bisschen bemühen, den Namen wieder bekannter zu machen. Denn er steht für Dinge, die für uns wichtig sind.
Ist die Debatte jetzt vom Tisch?
Das ist mir nicht ganz klar. Innerhalb der HFF gibt es diverse Ausrichtungs- und Profildebatten. Konrad Wolf steht nicht nur für die Defa-Tradition, sondern auch für eine bestimmte Tradition des Filmemachens, zum Beispiel als Autorenfilmer, als starke Regiefigur, die aus einem künstlerischen Anspruch heraus und nicht so sehr aus einem Marktanspruch, den Film zusammenhält. Da würde ich auch behaupten, dass es durchaus Tendenzen an der HFF gibt, die das nicht so gerne sehen.
Was macht Konrad Wolf als Persönlichkeit so besonders?
Ich begann mich für Konrad Wolf vor allem über sein Werk zu interessieren. Mir ist natürlich bewusst, dass er durchaus eine ambivalente Figur war, allein durch seine Biografie. Er ist 1933 mit seiner Familie nach Moskau emigriert, besuchte dort die deutsche Schule, erwarb die sowjetische Staatsangehörigkeit, trat mit 17 Jahren in die Rote Armee ein und gehörte 1945 als 19-Jähriger zu den Truppen, die Berlin befreiten. Er ist jemand, der wirklich unter den Nazis gelitten hat, der dann aber trotzdem zurückgekommen ist und gesagt hat: Wir bauen jetzt hier etwas Neues auf. Und das muss alles ganz anders und besser werden. Daran glaubte er in einer Weise, wo andere vielleicht schon nicht mehr geglaubt haben. Mir ist auch bewusst, dass ich viele der Spannungen und Fragen um seine Person vielleicht nicht richtig durchschaue.
Welche Spannungen meinen Sie da?
Warum jemand wie er, den man eigentlich für eine integere Figur hält, sich in der damaligen DDR nicht viel kritischer äußerte. Wobei ich unterstellen würde, dass er es in seinen Filmen durchaus machte.
Aber nicht mit dem Holzhammer
Genau, sondern auf eine diffizilere Art und Weise. Das sind aber, glaube ich, Dinge, die die Leute, die zu der Zeit gelebt haben, besser einordnen können.
Was ist das Besondere an seinen Filmen?
Ich kann nur sagen, dass bemerkenswert ist, dass sie nicht aus einer schönfärbenden Perspektive entstanden sind. Er hat natürlich die Themen seiner Zeit wie Nationalsozialismus und Aufbau der DDR aufgegriffen. Aber ihm ging es nicht nur darum, über diese Themen zu sprechen, sondern eine eigene, auch offene Formensprache zu finden. Und er hat da Dinge gemacht, die fast schon avantgardistisch waren für seine Zeit.
Beschäftigen sich noch viele Studenten der Hochschule mit seiner Arbeit?
Nein. Dafür, dass die Schule den Namen trägt, könnte man mehr Interesse erwarten. Im Unterricht ist Konrad Wolf eher eine Randfigur, was ich schade finde. Nicht nur politisch oder aus der Perspektive der Geschichtsaufbereitung, sondern auch formell für das Filmemachen sind wichtige Dinge mit Konrad Wolf verbunden.
Wie würden Sie die Filmsprache Konrad Wolfs einordnen? Eher optimistisch oder eher elegisch?
Ich kenne nicht alle Filme von Konrad Wolf, also kann ich seine Filmsprache nicht mit einem Wort zusammenfassen. Was ich aber beobachten konnte, ist, dass es durchaus auch bei ihm eine Veränderung seiner Anschauungsweise gegeben hat. Dass vielleicht frühere Filme genau dieses optimistische, das Sie ansprechen, hatten. Bei den Filmen in seiner späteren Phase spürt man dann eine gewisse Desillusionierung. Sie haben etwas lakonisches, wie der Film, den wir heute Abend zeigen: „Der nackte Mann auf dem Sportplatz“. Diesen Filmstoff kann man als eine Geschichte der Desillusionierung und Resignation lesen. Aber nicht ausschließlich. Es gibt auch da ein Augenzwinkern und einen Optimismus.
Was erhoffen Sie sich von dem Abend?
Noch einmal an Konrad Wolf zu erinnern. Ich befürchte aber, dass vor allem nur Leute aus seiner Generation kommen werden. Ich kann diesen Abend durchaus auch jüngeren Potsdamern empfehlen. Gerade dieser selten gezeigte Film ist für mich eine besondere „Praline“. Er trägt auch autobiografische Züge und erzählt von einem Künstler, der gegen die Zensur kämpft.
Inwieweit hat sich Konrad Wolf der Zensur gebeugt?
Es ist ja bekannt, dass auch Filme von ihm nicht aufgeführt oder erst zehn Jahre später gezeigt wurden. „Sonnensucher“ ist so ein Beispiel. Es war aber in der DDR auch so, dass Künstler Wege gefunden haben, damit umzugehen. Man konnte Dinge eben nicht so deutlich sagen. Ich glaube aber, dass Konrad Wolf, wie viele andere Filmemacher auch, dieses Überdeutliche auch nicht gewollt hat. Dafür macht man ja einen Film. Sonst könnte man ja ein Transparent malen.
Stand Konrad Wolf der DDR zunehmend kritischer gegenüber, gab es auch Resignation?
Resignation würde ich es nicht nennen. Für viele war die DDR wirklich die Hoffnung, dass eine neue Ordnung entsteht, die das, was während der Nazi-Zeit passierte, nicht mehr zulässt. Und dann war alles andere erstmal das kleinere Übel. Ich glaube, dass diese Hoffnung schon sehr stark sein konnte. Und auch Konrad Wolf geprägt hat. Man merkt aber auch an Künstlern wie Christa Wolf, dass alles, was diese Hoffnung trübte, sie persönlich betroffen machte. Ja, sie auch körperlich mitnahm. Es gibt diese Behauptungen, dass der frühe Tod von Konrad Wolf eine körperliche Reaktion auf eine enttäuschte Hoffnung war. Aber das ist in meinen Augen ein wenig hochgegriffen.
Das Interview führte Anna-Maria Kunath
„Der nackte Mann auf dem Sportplatz“ mit einer Einführung von Laura Laabs, am heutigen Dienstag, 6. März, 20 Uhr, Filmmuseum, Breite Straße 1A. Karten unter Tel.: (0331) 27 181 12
Laura Laabs,
geboren 1985 in
Ostberlin,studiert
an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in
Babelsberg Film-
und Fernsehregie
im dritten Jahr
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: