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Kultur: Berlin – Potsdam – Berlin

G.L. Gabriel setzt sich mit Architektur und Stadt auseinander / Ihre Bilder im Kunsthaus Potsdam

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Berlin-Tokyo heißt die aktuelle Ausstellung der Neuen Nationalgalerie in Berlin. Das Kunsthaus Potsdam beschränkt sich auf eine geringere Entfernung der zwei Städte, die seiner aktuellen Ausstellung den Namen geben: „Berlin-Potsdam-Berlin“ heißt sie und um sicher zu gehen, dass Berlin die größere und wichtigere Stadt ist, umfängt sie im Titel zärtlich das kleinere Potsdam, von dem zumindest alle Bewohner wissen, dass es die Liebenswertere der beiden ist. Oder etwa nicht?

Die Künstlerin, deren Bilder diese Reise von der Hauptstadt in die Landeshauptstadt und wieder zurück dokumentieren, geizt mit ihren Namensangaben: G.L. Gabriel nennt sie sich, aber man erfährt, dass sie, die sich schon lange mit dem Thema Architektur und Stadt auseinandersetzt, immerhin von 2000 bis 2002 in Potsdam ein Atelier hatte, wobei der Bilderzyklus „Sanssouci und der Neue Garten“ entstand.

Allerdings sind die meisten Arbeiten davon schon verkauft, und in der Ausstellung hängen nur noch drei Sanssouci-Arbeiten. Bei einem steigen die typischen Terrassen zum Schloss Sanssouci in grünem Hellblau und Gelb hinauf zu dem wie aus einem Weitwinkel aufgenommen erscheinenden Schloss, das klein und sympathisch geduckt die stark gerundeten Terrassenbögen und die wie ein tiefer See präsentierte Fontäne beäugt. Im „Schloss Sanssouci mit Weinbergterrassen“ genannten Bild ist der Blick der Malerin weiter nach links gerutscht, die Symmetrie der beiden Terrassenseiten spielt eine untergeordnete Rolle, die Terrassen liegen fast flächig und fleischig grün dem lichten Schloss zu Füßen.

Düster und bedrohlich wirkt in „Blauer Heilige See“ die Stimmung, die in diesen Sommermonaten so leicht nicht nachvollziehbar ist. Nackt sind die Bäume, einsam erheben sich die Schilfhalme und in der ahnbaren Kälte. Kalt ist die Stimmung auf dem fast drei Meter hohen und mal als drei Meter breiten Format „Potsdamer Platz“ aus dem Jahr 1998. Rot bescheint die Sonne den schon fertig gestellten Hausriegel, in dessen aalglatter Fassade sich Werbeplakate spiegeln. Dieses großformatige Gemälde beherrscht den Ausstellungsraum in seiner fast ins Abstrakte gehenden Anonymität, dass einem als kleiner Mensch beklemmend werden kann. Menschen tauchen gar nicht auf in dieser Ausstellung der 1958 in München geborenen Malerin. Das ist merkwürdig, gerade bei Ansichten von Orten, die normalerweise nur so vor Leuten wimmeln. Die Glienicker Brücke mit hellblau-türkisfarbenem, überdimensioniertem Geländer, zeigt über unbeseeltem Wasser ohne Boote oder Vögel auf die auto- und menschenleere Berliner Straße.

Die Stadt- und Parklandschaften von G.L. Gabriel transportieren stellvertretend für die fehlenden Akteure seelische Zustände. Immer sind es der subjektive Blick, die verfremdende Farbgebung sowie die Reduktion auf die wesentlichen Formen, die diese Architekturgemälde von einer Fotografie unterscheiden.

Die Philharmonie des Archtitekten Hans Scharoun winkt beinahe fröhlich aus geschwungenen Formen dem Betrachter zu, wogegen der „Reichstag von der Moltkebrücke“ hinter den beiden aggressiv-rot aufgebäumten Flügelraubtieren in resignativem Braungrau versinkt.

Durch die angedeutete Abstraktion eröffnet die Malerin neue, gefühlsintensive Perspektiven auf wohl bekannte Sehenswürdigkeiten, obwohl ihre Malerei an sich nichts umwerfend Neues bietet. Es ist der Blick, der hier herausgefordert wird und das touristische Klischee verlässt.

Kunsthaus Potsdam, Ulanenweg, bis 30.7., Mi 14-18 Uhr Do-Fr 12-18 Uhr, Sa-So 15-18 Uhr

Lore Bardens

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