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Zugpferde. Wilhelm Neufeldt und Renate Grisebach

© Manfred Thomas

Kultur: Bevor wieder ein Kunst-Ort verschwindet

Der Verein Kunsthaus Potsdam hat mehr städtische Förderung beantragt. Ohne zusätzliche Mittel gibt es künftig weniger Ausstellungen im Haus im Ulanenweg

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Wilhelm Neufeldt ist sehr erfreut. Gerade ist es ihm gelungen, ein weiteres Mitglied für den Verein Kunsthaus Potsdam zu gewinnen. Noch dazu eine Landtagsabgeordnete, die erste im Übrigen. Zur Freude darüber mischt sich etwas Verärgerung: Es könnten sich ruhig mehr Politiker für Bildende Kunst interessieren, findet er, die seien unter den Mitgliedern eher unterrepräsentiert, während die Vorstände der Sportvereine voll sind mit wichtigen Leuten. „Da bekommt das Ganze ein Geschmäckle“, sagt Wilhelm Neufeldt.

Der zweite Vorsitzende des Vereins, der das Kunsthaus im Ulanenweg betreibt, ist seit Monaten Dauergast im Kulturausschuss. Fünfzehn Jahre lang leitete der heute 73-Jährige nach der Wende die Abteilung Kultur des Brandenburger Kulturministeriums. Jetzt sitzt er auf der anderen Seite und sucht, beispielsweise bei der Stadt, nach Geld für seinen Verein. „Wir könnten noch viel mehr machen, und die Wirkung der städtischen Mittel, die wir derzeit bekommen, wäre noch größer, wenn wir als eine Maßnahme die Öffnungszeiten ausweiten könnten“, sagt Neufeldt. Derzeit ist der Ausstellungsraum im ehemaligen Pferdelazarett neben den Ulanenkasernen nur an drei Nachmittagen und am Wochenende geöffnet.

Das ist schade, denn so bleibt spontanen Besuchern unter Umständen der Zugang zu Werken namhafter Künstler verwehrt. Acht Ausstellungen organisiert Vereinsvorsitzende Renate Grisebach jedes Jahr, viel Arbeit für die Berlinerin, die Kunstgeschichte studiert hat und den Verein seit 2005 ehrenamtlich leitet. Seitdem sind die Mitgliedszahlen stetig gewachsen, von anfangs 22 auf heute mehr als 250. Doch mehr als die Hälfte sind Berliner Kunstfreunde, viele kommen aus dem Umland, manche gar aus dem Ausland. Potsdamer Vereinsmitglieder gibt es nur 60. Die Mitgliederstruktur spiegelt das Problem des Vereins wider: Sie sind gut vernetzt und haben einen hervorragenden überregionalen Ruf, zu Ausstellungseröffnungen ist das Haus voll mit Besuchern vor allem aus Berlin. Was fehlt, ist der Postdamer. Doch für Kontaktpflege braucht es Zeit, sagt Neufeldt: Es sei eben nicht nur damit getan, Einladungskarten in die Briefkästen zu stecken, man muss die Menschen persönlich ansprechen. Und es braucht Geld: Gern würden sie neben erweiterten Öffnungzeiten mehr Veranstaltungen organisieren, Lesungen, Konzerte, Vorträge. Doch Einladungen und Werbeflyer, Plakate, alles kostet. Dazu kommen eine Aufsichtskraft während der Öffnungszeiten, eine Reinigungskraft, eine halbe Stelle für die Öffentlichkeitsarbeit. „Was wir bisher von der Stadt bekommen, wird allein davon aufgefressen“, sagt Neufeldt. Mit den Eigenmitteln des Vereins und Spenden müssen die Miete bezahlt und die Ausstellungen finanziert werden. Und aus Verkäufen geht stets die gesamte Summe an den Künstler .

Grisebach und Neufeld sagen, mittlerweile sei der Verein nicht mehr in der Lage, diese Situation allein zu stemmen. „Wir beide sind an der Grenze unserer Kräfte“, sagt Neufeldt über den Einsatz der beiden Vorsitzenden. „Wir wollen uns einerseits in angemessener Form um unsere Mitglieder kümmern und andererseits in der Stadt Präsenz zeigen“, sagt Neufeldt weiter. Konkret will er zu den bereits vom Fachbereich Kultur zugesagten 20 000 Euro institutioneller Förderung weitere 20 000 Euro für das laufende Jahr. Damit könnte der Verein eine feste Stelle einrichten. Der Kulturausschuss hat die Wünsche in der letzten Sitzung wohlwollend entgegengenommen und an den Kämmerer weitergereicht.

Sollte es keine weiteren Mittel geben, müsse man künftig die Zahl der Ausstellungen reduzieren und die Öffnungszeiten weiter einschränken, befürchtet Neufeldt. Dann ist es womöglich nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Ort für moderne Kunst, ein denkmalgeschütztes Ensemble, langsam verschwindet: Ausgestellt haben hier schon namhafte Künstler wie der Niederländer Armando, der nebenan sein Sommeratelier hat. Auch Vereinsgründer Hubertus von der Goltz und Frank Michael Zeidler sind weit über Potsdam hinaus bekannt. Steffi Pyanoe

Vernissage Horst Hirsig am Sonntag, 24. März, um 17 Uhr, Ulanenweg 9

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