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Kultur: Bilder, die singen können

Musikalisch-literarische Soirée über Wassili Kandinsky im Alten Rathaus

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Musikalisch-literarische Soirée über Wassili Kandinsky im Alten Rathaus Im Alten Rathaus stellten gemeinsam der Potsdamer Verein zur Förderung musikalisch-literarischer Soiréen und die Berlin-Brandenburgische Künstlerinitiative „die neue brücke“ am Beispiel des russischen Malers Wassili Kandinsky (1866-1944) die wechselseitigen Durchdringungen von Bild- und Tonkunst vor. Das Literarische ereilte die Sinne allerdings nur per Dia-Vortrag über den Maler-Musiker Kandinsky. Der ist mit Franz Marc Gründer der Münchner Künstlergruppe „Der blaue Reiter“, mit dem Komponisten Arnold Schönberg befreundet, gemeinsam mit Lyonel Feininger und Paul Klee am Bauhaus in Weimar und später in Dessau und Berlin tätig. Sein Aha-Erlebnis hat der junge Wassili in Moskau, seiner Geburtsstadt, während des Besuchs einer Ausstellung über französische Impressionisten. 1896 kommt er nach München, wo er beim Jugendstilmalerfürsten Franz von Stuck studiert. Zunächst bevorzugt er kleine Formate und malt auf Karton, was ihm die Staffelei und teure Leinwand erspart. Er besucht eine Vorstellung von Wagners „Lohengrin“, wo er „tolle Linien und kraftvolle Farben“ entdeckt, wie er bekennt. Fortan malt er „Bilder, die singen können“. Über diese und weitere Ansichten informiert launig plaudernd Kurt Dietmar Richter, ein Berliner Komponist, der zu DDR-Zeiten mit seiner Sekundenoper „Bewährung über den Wolken“ reüssiert, nach der Wende „die neue brücke“ gründet und in zahlreichen Veranstaltungen die Musik des 20. Jahrhunderts verbreiten hilft. Anregungen aus Malerei und Literatur sind ihm dabei willkommenes Mittel, Brücken zu schlagen. Er selbst hat sich auch von Bildern zu Tonstücke anregen lassen. Seine „Feininger Impulse“ für Klavier zeigen sich als Spiele mit Formen und Farbklängen, die das Gesehene auf eine neue Ebene transportieren. Scharfkantige Konturen aus Akkorden umhüllen Klanggebilde mit weichen, verschwimmenden und leuchtenden Farben. Andreas Schmidt spielt sie mit viel Einfühlungsvermögen: kraftvoll, pointiert, hingetupft, graziös oder auch skurril. Nicht nur Klänge, auch Bilder sollen Raum zum Nachdenken geben, fordert Kandinsky. „Erst die Notwendigkeit schafft die Form.“ Die Farbe gewinnt sich zunehmend ein Eigenleben, Gegenständliches verliert weitgehend seinen Sinn. Als Zertrümmerer des Traditionellen sieht sich auch Arnold Schönberg mit seiner Zwölftontechnik, mit der er sich vom Zwang überquellender Romantik löst. Es gelingt nicht immer. In seinen Drei Klavierstücken op. 11 (von 1909) ist mehr als nur ein Funke von Seelenzauber enthalten. Andreas Göbel spürt ihn auf, entlockt dem „Bewegt“-Stück verschwimmende Klänge, kantige Akkorde. Pianistische Ausrufezeichen wechseln mit nachsinnenden Fragezeichen. Das projizierte Kandinsky-Bild „Das Konzert“ steht in seiner Konzentration aus Wesentliche dazu in bestem Einvernehmen: der Flügel ist nur ein schwarzer Fleck, die Hörer sind als Umrisse erahnbar Doch was wären Bilder einer Ausstellung, wenn sie nicht mit Mussorgskys gleichnamigen Klavierzyklus in Verbindung gebracht würden. Ihn für eine Theateraufführung (1928) in Dessau zu bebildern, erhält Kandinsky den entsprechenden Auftrag. Diese Bühnenbildentwürfe bestehen aus abstrakt geometrischen Figuren mit beweglichen Elementen. Nachdem eingangs die „Promenade“ erklingt, endet der musikmalerische Rundgang mit der Beschreibung der „Hütte der Baba-Yaga“ und dem Durchschreiten des „Großen Tors von Kiew“, kraftvoll, aber nicht kraftmeierisch von Andreas Göbel gespielt.Peter Buske

Peter Buske

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