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Kultur: Bitte recht wild: Masannek im Filmmuseum

Der Wildeste unter den 35 Kindern, die zur Lesung des Autors der „Wilden Fußballkerle“ ins Filmmuseum kamen, war Liam. Bevor Joachim Masannek bereit war zu lesen, verlangte er von einem seiner Fans eine Mutprobe.

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Der Wildeste unter den 35 Kindern, die zur Lesung des Autors der „Wilden Fußballkerle“ ins Filmmuseum kamen, war Liam. Bevor Joachim Masannek bereit war zu lesen, verlangte er von einem seiner Fans eine Mutprobe. Der Erfolgsschriftsteller, Drehbuchautor und Regisseur seiner beiden Fußballkerle-Filme, kam auf Einladung des Literaturladen Wist just von der Verleihung des Deutschen Filmpreises nach Potsdam. Dass er im zweiten Jahr nur eine Nominierung erhielt, nimmt er gelassen. Der dritte Film wird wohl im März 2006 in die Kinos kommen. „Alles ist gut!“ brüllt der mutige Liam und die wilden Kerle in den Rängen, manche mit selbst gemachten Wilde-Kerle- T-Shirts, schreien zurück: „Solange du wild bist!“ Masannek war bis vor vier Jahren einer von vielen glücklosen Absolventen der Münchener Filmhochschule. Mittlerweile hat er dreizehn Bände dieser Geschichte um die wildeste Fußballmannschaft und ihre Abenteuer geschrieben und zwei Filme produziert. Das Buch hat sich bereits 2,7 Millionen mal verkauft, die Filme waren Kassenschlager. Masannek erzählt seinen kleinen Zuhörern wie alles begann, und die sind ganz gespannt. Eigentlich, erzählt Masannek, fing alles damit an, dass sein dreijähriger Sohn nicht mehr Tennisspieler wie Boris Becker werden wollte, sondern Fußballer bei Bayern München. Dort musste man aber schon sechs sein, und so ging man zum TSV Gründwald in die „Pampers Liga“, wo die Kleinsten die eingelaufenen Trikots der A-Jugend tragen mussten und Eltern den Trainer spielten. „Die wilden Fußballkerle, das war diese Mannschaft, die gab“s in echt“, erzählt der Autor, Leon, „der Slalomdribbler“, sei sein Sohn. „In echt?“ staunen die Kinder ungläubig. Mittlerweile ist die Geschichte sehr fortgeschritten, die Fußballkerle sind in der Pubertät. Masannek: „Da geht es um Liebe und Küssen und Knutschen und so.“ Masanneks Bücher handeln von richtigen Jungen, sie fluchen „Hexenfurz und Teufelsrülpser“, sie wollen unbesiegbar sein und mutig, die wildeste Fußballmannschaft der Welt eben. Der unerwartete große Erfolg seiner Idee erklärt sich nicht über T-Shirts, Hörbücher, Schülerkalender, Trinkflaschen, Fußbälle und Musikkassetten, die allesamt mit dem Wilden-Kerle-Logo bedruckt sind. Der Grund sitzt tiefer, und Masannek hatte ein richtiges Gespür. Der Autor stellte in seinem Umfeld immer mehr Scheidungen fest, und Mütter, die beklagten, durch die Trennung nicht den Mann verloren zu haben, sondern eher ein zusätzliches Kind. Eine Frau wolle aber einen richtigen Mann. Nicht einen, der sich umbringt, weil sie ihn verlassen hat, sondern einen, der für sie stirbt und sie verteidigt, meint Masannek. Schlimmer, die alleinerziehenden Mütter wiederum könnten mit der natürlichen Aggression ihrer Jungen nichts anfangen. Sein Motto „seid wild“ zielt auf das Recht von Jungs, stark zu sein und auch siegen zu wollen. Denn welche Frau will später einen Schwächling? Möglich, dass seine jungen Fußballfreunde diesen Ruf der Wildnis spüren. Eltern erzählen am Rande der Lesung, dass ihre Kinder – auch Mädchen mögen die Bücher sehr – Masanneks Figuren, Leon, Felix, Fabi, Juli, Raban, Deniz und all die anderen so ernst nehmen, dass sie sogar den etwas wilderen Jargon annehmen. Masanneks Pädagogik ist aber so gut verpackt, dass niemand sie erkennt. Im Filmmuseum fesselt er die Kinder mit dem Finale des aktuellen Bands „Markus – der Unbezwingbare“. Hier werden die Fußballkerle von einer Mädchenmannschaft, den „Biestigen Bietern“ herausgefordert. Mädchen, so glaubten die kleinen Helden lange, „sind giftig und stinken“, und nun geht es um die allerhöchste Ehre. Wer darf sich die Allerwildesten nennen? Man schwingt sich auf“s Fahrrad und fährt quer durch Deutschland. Natürlich ohne den Eltern Bescheid zu sagen. Masannek, so, wie er geduldig auf die Zwischenrufe reagiert, betrachtet seine Figuren mit viel Verständnis, predigt keine Härte und Disziplin. Kinder müssen lernen, auch mal wild und frech zu sein, um das Leben zu meistern. Und auch mal ein schlimmes Wort ausprobieren. Das Schlimmste, laut Joachim Masannek: Kaninchenschwanzbommelwattebauschpo. Matthias Hassenpflug

Matthias Hassenpflug

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