Kultur: Brillant und straff
Tschechische Philharmonie Prag und Mischa Maisky beim Vorabend der Schlössernacht 2007
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Wenn die Potsdamer ein international renommiertes Sinfonieorchester erleben wollen, dann müssen sie bis zum August des kommenden Jahres warten, bis zur nächsten Schlössernacht. An den Vorabenden des Spektakels holen die Veranstalter ein Sinfonieorchester aus europäischen Metropolen in die Landeshauptstadt. Der Interessierte muss dann allerdings tief in die Tasche greifen: Zwischen 40 bis 60 Euro kosten die Eintrittskarten. Für viele Familien wohl ein kaum bezahlbares Event. Aber dennoch, fast 5000 Gäste waren am Neuen Palais zugegen, die wenigsten aus Potsdam.
Ein lauer Sommerabend umhüllte die Besucher, ein illuminiertes Schloss sollte die Festlichkeit des Abends unterstreichen, aber leider optisch nur im Rücken der Zuschauer. Das Nachtigallenschlagen, das die Veranstalter im Programmheft versprachen, wollte sich natürlich nicht einstellen. Anscheinend kennt die Programmredaktion die Gepflogenheiten der Singvögel nicht. Und wieder einmal wurden keine Satzbezeichnungen aufgeführt, eine Einführung in das jeweilige Werk gab es ohnehin nicht. Für die teuren Eintrittspreise kann man auch in dieser Hinsicht mehr Qualität erwarten.
Bisher kamen Klangkörper aus Granada und London in den Park Sanssouci, Solisten wie der deutsche Pianist Martin Stadtfeld und die lettische Geigerin Baiba Skride. Aus Lettland, das reich an weltberühmten Musikern und Sängern ist, wurde in diesem Jahr der Cellist Mischa Maisky für den Vorabend der Sommernacht verpflichtet. Mit ihm musizierte die Tschechische Philharmonie Prag, ein Orchester, das zur tschechischen Hauptstadt gehört wie der Hradschin. Vor 111 Jahren wurde die Philharmonie gegründet. Antonin Dvorak dirigierte zum ersten Konzert am 4. Januar 1896 eigene Kompositionen. Das Cellokonzert h-Moll op. 104 erklang nicht, es wurde gut zweieinhalb Monate später in London uraufgeführt.
Mischa Maisky sowie die Tschechische Philharmonie unter der Leitung ihres Chefdirigenten Zdenek Mácal wählten dieses Cellokonzert, das zu den bedeutendsten Werken für Cellisten gehört, für das Konzert am Neuen Palais aus. Mischa Maisky hat dieses Konzert unzählige Male musiziert. Man konnte dabei stets die große Tiefe des Ausdrucks und die Ehrlichkeit des Gefühls in seinem Spiel bewundern. In Potsdam wollte der Funke des Werks, das in Amerika entstand, jedoch durch einen böhmischen Tonfall gekennzeichnet ist, nicht in der Gänze überspringen. Maiskys perfekte Beherrschung des Instruments ist immer wieder zu bewundern. Aber lediglich eine solide Interpretation war zu vernehmen, eine sich zu wenig fordernde Leidenschaftlichkeit. Nur den zweiten Satz, der im wunderbar kontemplativen Gestus von Dvorak komponiert wurde, beseelte Mischa Maisky mit einem ergreifenden Celloklang. Doch leider hatten sich in den Pianotönen des Streichinstruments akustische Ungereimtheiten seitens der Tonübertragung eingeschlichen. Sie wirkten, als ob dazu auf Sandpapier gerieben wurde. Insgesamt aber war der Orchesterklang durch eine klarere Tonübertragung in diesem Jahr bedeutend besser als in den Vorjahren.
Besonders die Wiedergabe von Peter Tschaikowskis Sinfonie Nr. 4 f-Moll op. 36 aus den Jahren 1877/78 konnte davon profitieren. Die Tschechische Philharmonie Prag, die übrigens auch das Dvorak-Konzert fabelhaft interpretierte, hatte bei der Tschaikowski-Sinfonie hoch konzentriert musiziert. Chefdirigent Zdenek Mácal bevorzugte bei seiner Interpretation eine Mischung von romantisch-pathetischen Elementen – ohne emotionale Drücker – und schnörkelloser Nüchternheit. Die Musiker aus Prag ließen sich dabei immer wieder gern von ihrem Chef inspirieren. Sie spielten brillant und straff.
Der Beifall des großen Zuhörerauditoriums war überaus herzlich, so dass die Philharmonie sich zu einer Zugabe entschloss, für einen schmissigen Slawischen Tanz von Antonin Dvorak. Danach das laute, farbenprächtige Feuerwerk sowie der Spaziergang durch den stillen und glanzvoll erleuchteten königlichen Park.
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