Ein kurioses Konzert, dem nicht zu helfen sei, nannte der Musiktheoretiker Theodor Adorno das Tripelkonzert in C-Dur op. 56 von Ludwig van Beethoven. Es steht zwar in einer durchaus etablierten Tradition, vom barocken Concerto grosso zur Sinfonia concertante, doch bereits die Zeitgenossen wussten mit dem Werk wenig anzufangen. Beethoven erfand und sprengte gleichzeitig die Gattung. Nach ihm sind Tripelkonzerte in Werkverzeichnissen von Komponisten eher eine Seltenheit geblieben. Auch das von Beethoven steht im Schatten seiner anderen Kompositionen.
In der Reihe „Klassik am Sonntag“ des Nikolaisaals stand es Ostern auf dem Programm. Die Brandenburger Symphoniker unter der Leitung ihres Chefdirigenten Michael Helmrath gestalteten den Konzertabend, der sich ganz auf Beethoven konzentrierte. Neben dem Tripelkonzert gab es die Coriolan-Ouvertüre op. 62 sowie die Chorfantasie op. 80. Die Musiker aus Brandenburg gehören längst zu den willkommenen Orchestern der Landeshauptstadt, wissen sie doch mit ihrem warmen und wohlproportionierten Klang immer wieder für sich einzunehmen. Ein Ergebnis langjähriger erfolgreicher Orchesterarbeit von Michael Helmrath. Den großen sinfonischen Atem aufzunehmen war den Symphonikern jedoch diesmal versagt. Es waren mehr oder weniger Begleitfunktionen angesagt. Doch dabei erwiesen sie sich als wunderbare Partner der Solisten.
1808 hatte ein Kritiker behauptet, dass Beethovens Tripelkonzert sich gar keines Beifalls zu erfreuen wüsste. Im ausverkauften Nikolaisaal war indes genau das Gegenteil der Fall. Dem von Freude am Spiel und frohem Lebensmut inspirierten Werk sind alle Beteiligten mit spürbarer Lust angegangen und haben es auf hohem Niveau musiziert. Die Solisten Karla Haltenwanger, Klavier, Birgit Erz, Violine, und Nicolas Altstaedt, Violoncello, sind bestens aufeinander eingespielt, doch beeindruckt gerade, wie eng und zugleich differenziert ihr Zusammenspiel mit den Brandenburgern funktionierte. Der transparente Klang des Trios ist geprägt von wohlgeformten Kantilenen und weiten Atembögen. Auch dort, wo es musikalisch sinnvoll ist, vermochte es das dramatische Geschehen zu verdichten.
Zwischen dem Tripelkonzert und der Chorfantasie ließ Michael Helmrath eine weitgehend dunkel timbrierte Coriolan-Ouvertüre op. 62 zum bereits zu Lebzeiten Beethovens vergessenem Drama von Heinrich Joseph von Collin um den antiken Feldherrn erklingen. Dabei wurden besonders die harmonischen und orchestralen Farbwechsel gepflegt, doch auch die herben Momente erfuhren eine pointierte Akzentuierung.
Beethovens Chorfantasie op. 80 fristet wie das Tripelkonzert im Konzertsaal ein Mauerblümchen-Dasein. Die Fantasie und die Variationen für Klavier fügte der Komponist mit einem Schlusschor, der die Macht der Musik besingt, zu einem einzigen Werk zusammen, dessen Variationsthema die gedankliche Nähe zur Jahre später entstandenen 9. Sinfonie verdeutlicht. Die Pianistin Karla Haltenwanger wusste auch hier das Kraftvolle sowie die luftigen Girlanden mit wandelfähigem Anschlag zu gestalten. Das Orchester war stets ein differenzierender und aufmerksamer Partner. Zu ihnen gesellte sich der Philharmonische Chor Berlin, der von Michael Helmrath zu duftigem und durchsichtigem Singen angehalten wurde. Doch im Solistenquartett, das aus Mitgliedern des Chores bestand, fiel leider der intonationsunsichere Sopran heraus. In den herzlichen Schlussapplaus wurde auch der kenntnisreiche Moderator Clemens Goldberg eingeschlossen. Klaus Büstrin
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