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Kultur: Chorgetöse

Berliner Universitätschor in der Friedenskirche

Stand:

Im „Gänsemarsch“ betraten die jungen Sängerinnen und Sänger die Friedenskirche Sanssouci. Der Aufmarsch wollte nicht enden, doch letztendlich fanden 130 und mehr Mitwirkende Platz vor der Apsis. Humboldts Philharmonischer Chor gab ein Konzert am Sonntagnachmittag, ein Motettenkonzert, also ohne instrumentale Begleitung. Es stellte sich die Frage: Kann solch ein großer Chor überzeugend a-capella singen. Man könnte, wenn man sich auf ein transparent-sensibles Singen einließe. Doch der Chor der Humboldt-Universität Berlin unter der Leitung von Universitätsmusikdirektor Constantin Alex stellte sich auf die akustischen Verhältnisse des Gotteshauses im Park Sanssouci nicht ein.

Am Schluss, mit Johannes Brahms’ Motette „Warum ist das Licht gegeben den Mühseligen“, konnte man ahnen, wie es wäre, wenn Alex die Sängerinnen und Sänger zu mehr dynamischem Singen angehalten hätte. Da wurde der Massenchorklang mit den frischen und intonationsreinen Stimmen plötzlich biegsam und weich. Doch vorher bedachte man die Werke fast nur mit einem kaum zu übertreffenden Fortissimo, bei dem hin und wieder ein Mezzoforte durchschien, so bei der lohnenden „Ausgrabung“ von Karl Marx’ (gest. 1985) Motette „Leben begehren ist der Welt Trost allein“. Der der Tradition verbundene Komponist wandte sich hörbar mit großer Liebe der ergreifenden Textvorlage zu. Diese wurde von den Choristen mit großer Wortverständlichkeit gesungen.

Constantin Alex und sein Philharmonischer Chor legten ein spannendes Programm vor, in dem sie die Zuhörer auf eine Motetten-Wanderschaft durch die Jahrhunderte mitnahmen. Das Konzert begann mit Palestrinas Stabat mater-Vertonung, einer Musik, die zwar linear, jedoch durchweg nur laut gesungen wurde. Die Seelenzustände eines betenden Menschen wurden nicht beleuchtet. An dem tröstenden Zuspruch in Johann Sebastian Bachs Motette „Fürchte dich nicht“ konnte man sich kaum erfreuen, da der Klang sich zu einem einzigen Brei zusammen braute. Von Bach’scher Durchsichtigkeit keine Spur. Nur Chorgetöse. Alex’ Spiel auf der Woehl-Orgel war dann eine reine Erholung für die Ohren. Er spielte die berühmte Passacaglia und Fuge c-Moll BWV 228 und von dem Franzosen Jehan Alain „Le jardin suspendu“ – mit wunderbar farbiger und sensibler Gestaltung. Klaus Büstrin

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