Kultur: Comédie Soleil: Neues Theater in Potsdam Am 8. Oktober wird die kleine Bühne in der Feuerbachstraße eröffnet
Von Heidi Jäger Potsdam bekommt ein neues Theater: nicht nur das „Muschel“-bekränzte in der Schiffbauergasse, sondern ein kleines in einer ehemaligen Fabrikremise in der Feuerbachstraße 3. Rund 100 Plätze wird es haben, „klein, aber so, wie die Leute es mögen“, glaubt Michael Klemm.
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Von Heidi Jäger Potsdam bekommt ein neues Theater: nicht nur das „Muschel“-bekränzte in der Schiffbauergasse, sondern ein kleines in einer ehemaligen Fabrikremise in der Feuerbachstraße 3. Rund 100 Plätze wird es haben, „klein, aber so, wie die Leute es mögen“, glaubt Michael Klemm. Er ist der künstlerische Leiter dieser sich am 8. Oktober öffnenden freien Bühne. Zum Auftakt gibt es eine musikalische Uraufführung aus eigener Feder, an der acht Schauspieler und vier Musiker mitwirken. Er selbst ist Schauspieler, Regisseur, Autor und Musiker und hat bereits ein umtriebiges Leben hinter sich, bevor er jetzt „Comédie Soleil“ aus der Taufe hob. Es ist nicht sein erstes Theater. Nach einer Schauspielausbildung in München und etlichen Gastspielen an kleinen Provinztheatern gründete er 1985 sein erstes Brett“l: „Scaramouche“ - „ein sehr sinnliches und komödiantisches Theater“, das vor allem Moliere und Shakespeare hofierte, aber auch die frankophile Ader der Macher auslebte und städtisch subventioniert wurde. „Im Sommer bespielten wir die Seebühne mit 500 Plätzen und sanierten uns finanziell. Drei Jahre habe ich das Theater geleitet, dann war ich ausgebrannt und verabschiedete mich erst einmal aus der Theaterwelt.“ Italien wurde sein Refugium. Doch nicht für lange. Bald holte ihn die Leidenschaft des Theaters wieder ein und er ging nach Landshut. Ein Raum war schnell gefunden, und alte Schauspielfreunde stießen dazu. „Doch die Skepsis der Landshuter war groß. ,Wir haben doch schon ein Theater““, schlug es ihnen entgegen. „Schnell wurden wir in dieser CSU-Hochburg zum Stadtgespräch. Die Angst, dass sich bei uns der Freigeist sammelt, war groß. Anfangs versprochene Subventionen blieben aus. Der Bürgermeister hatte die Stadt fest im Griff. Wir waren ihm wohl zu autonom, also wetterte er massiv. Man politisierte uns, obwohl wir garnicht unbedingt politisch waren. Wir spielten Moliere, Büchner, Tennessee Williams – ein buntes Programm. Aber die Mietkosten waren sehr hoch, das war unser Dilemma. Irgendwie hatten wir jedenfalls unsere Kräfte überschätzt.“ Nach drei Jahren verabschiedete sich Michael Klemm von seinem Theater Café Molière. „Vielleicht hatte ich die Klappe zu weit aufgerissen und wurde dafür abgestraft“, so die späte Einsicht. „Aber es war auch wunderbar zu sehen, was Theater bewegt.“ Es gab dann noch mal ein kurzes Aufbegehren: „Wir nahmen uns Räume in einer Kaserne am Rande der Stadt und hatten schon alles für die ,Widerspenstige Zähmung“ aufgebaut. Doch wieder machte uns die Stadt einen Strich durch die Rechnung. Es war eine harte Zeit und doch eine Chance. Von nun an zogen wir in die Welt: nach New York, Rumänien, in die Schweiz“ Sie produzierten nicht permanent, dazu hätte das Geld nicht gereicht, „aber es waren prickelnde Erlebnisse an sehr schönen Orten.“ Die Anlaufstelle blieb indes weiter das geliebt, gehasste Landshut: „Wir probten in einem ehemaligen Sarglager.“ 1998 zog es den Wandervogel nach Berlin. „Ich führte Regie, schrieb Shows und organisierte auch Industrie-Events, ein sehr lukrativer Job. Eigentlich müsste man ein schlechtes Gewissen haben, wie viel man dabei verdient. Für mich sind solche Kultureinlagen vor allem eine logistische Herauforderung: du lernst den Umgang mit der Technik und musst dabei ganz cool sein. Ein gutes Training für jeden Regisseur. Am Schluss sehnt man sich aber doch wieder ans Theater zurück.“ Und auch da gab es Herausforderungen. Vier Stücke entwickelte er gemeinsam mit nach rechts driftenden Jugendlichen im Jugendzentrum @bc in Köpenick, „die durch das Spielen durchaus politisch wacher wurden.“ Dann bewarb er sich gemeinsam mit dem Schauspieler Holger Schulze um das Schlosspark Theater Steglitz. Umsonst. „Jetzt soll es Musiktheater werden. Vielleicht ist es ganz gut, dass es nicht geklappt hat, das wäre eine Riesengeschichte geworden und meine Nerven wären sicher bald am Ende gewesen.“ Irgendwie hatte er dann auch die Nase von Berlin voll. „Ich wollte ein bisschen mehr Ruhe und Konzentration und nicht mehr jugendlich herumhüpfen.“ Seinen Platz gefunden hat er in Potsdam, eigentlich bei einer Sightseeing-Tour mit einem Freund. „Als dann auch noch meine Freundin total begeistert von der Stadt war, zog ich kurzentschlossen hierher. Das war im April. Natürlich begab ich moch sofort auf die Fährte nach Theaterräumen.“ Fündig wurde er in einer ehemaligen Tischlerei in der Feuerbachstraße: „Zwei wunderschöne Räume mit geschwungener Decke und Säulen taten sich auf. Unten wird gespielt, und über eine Wendeltreppe geht''s nach oben zum kleinen Imbiss. Jetzt wollen wir all“ das, was wir in den Jahren gelernt haben, zusammenbringen. Wenn man ,Theatermufti“ ist, braucht man seinen Platz.“ Mit Subventionen rechne er vorerst nicht. „Wir müssen uns erst einmal platzieren.“ Natürlich wisse er um die geballte Ladung Theater in der Schiffbauergasse, „aber wir sind an einem anderen Ende der Stadt und Konkurrenz belebt das Geschäft.“ Fünf Inszenierungen soll es pro Spielzeit geben und dazu im Sommer eine Freilichtproduktion. „Zwei Stücke machen wir in Koproduktion mit dem Fränkischen Theater Schloss Maßbach“, das er bestens kenne. Dienstag und Mittwoch gibt es Gastspiele, Literatur und Musik, vor allem Jazz, Donnerstag bis Sonntag spielen sie selbst. Der Eintritt liegt zwischen 16 und ermäßigt 10 Euro. Ein Theaterklub soll zusätzlich für Einnahmen sorgen. „Sehr expressives, unterhaltsames Theater“, verspricht Michael Klemm, der im nächsten Jahr den Zuschauern aber auch mal einen schweren „Brummer“, wie ein Stück über eine Todeszelle in Amerika zumuten möchte. Er sei auch schon um das Theater in der Zimmerstraße herumgeschlichen, „aber erst einmal müssen wir hier einen guten Start hinlegen. Das ist schon sehr viel.“
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