Kultur: Da fehlte plötzlich der Strom
CD unter dem Titel „Wilhelm Kempff in Potsdam“ soeben erschienen / Ausstellung über den Künstler in Vorbereitung
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Ohne lange Vorreden kam die Musikkritikerin der Brandenburgischen Neuesten Nachrichten Dorothee Braeuner (D.B.) zur Sache. In wenigen, schnörkellosen aber treffenden Worten konnte sie das Wesentliche eines Konzertes beschreiben. Auch in der Rezension über den Auftritt des berühmten Pianisten Wilhelm Kempff am 7. Oktober 1963 im Nikolaisaal: „Wie in früheren Jahren seines Konzertierens, nahmen die von Kempff bewältigten dynamischen und teperamentgebundenen Extreme, die Beherrschung der weiten Skala seelischer Spannungen der Zuhörerschaft seiner Heimatstadt völlig gefangen.“
Wilhelm Kempff (1895-1991) wurde zwar 1895 in Jüterbog geboren, aber vom vierten bis zum 49. Lebensjahr hatte er seinen Wohnort in Potsdam. Sein Vater war Kantor an Schinkels Nikolaikirche. Bis in die sechziger Jahre hinein, er wohnte schon längst in der Nähe von Bayreuth sowie am Starnberger See, kam er in die von ihm geliebte ehemalige Residenzstadt der Hohenzollern. Er gab stürmisch gefeierte Konzerte in der Bildergalerie beziehungsweise im damals gerade noch intakten historischen Nikolaisaal. Und in diesem Konzerthaus Potsdams fand auch der Klavierabend im Jahre 1963 statt. Das Konzert wurde vom Rundfunk der DDR aufgezeichnet. Und somit befindet sich eine Aufnahme heute im Deutschen Rundfunkarchiv. Mit seiner Genehmigung erschien jetzt unter dem Titel „Wilhelm Kempff in Potsdam“ bei „classical excellence“ eine CD. Das gesamte Konzert ist leider nicht zu hören, da es zu zu einem Stromausfall während des Konzertes kam (der Autor dieses Beitrages erinnert sich noch lebhaft daran). Der Pianist ließ sich davon anscheinend nicht beirren. Er spielte weiter. Nun fehlen auf dem Tonträger die von musizierten Werke von Mozart und Schumann Aber mit der Französischen Suite Nr. 5 G-Dur BWV 816 von Johann Sebastian Bach, den vier Impromptus von Franz Schubert, sowie den beiden Zugaben, Capriccio h-Moll op. 75 Nr.2 und der Rhapsodie g-Moll op. 79 Nr. 2, von Johannes Brahms, zeigte Wilhelm Kempff die Vielseitigkeit seines überragenden pianistischen Könnens. Die Qualität der Aufnahme wird auch dem heutigen verwöhnten Ohr in puncto Wiedergabe weitgehend gerecht.
Diese CD ist eine wunderbar klingende Erinnerung an einen großen Künstler aus Potsdam. Sie ist zugleich auch eine gute Einstimmung für die Wilhelm Kempff-Ausstellung, die vom 22. November bis 1. Februar 2009 im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) unter dem Titel „Ich bin kein Romantiker" gezeigt wird.
Das HBPG kooperiert hierbei mit der Akademie der Künste Berlin, die den umfangreichen Nachlass des Pianisten, Organisten und Komponisten betreut. Die Ausstellung präsentiert Notenautographe von Kompositionen Kempffs, darunter Bühnenwerke, Orchester- und Kammermusik, Lieder und Klaviermusik.
Fotografien und Korrespondenzen zeigen nicht nur einen weithin bewunderten Künstler, sondern sie reflektieren auch zahlreiche persönliche Beziehungen zu Künstlerkollegen. Rezensionen, Programmhefte und biographische Unterlagen dokumentieren Wilhelm Kempffs über 60 Jahre währende Karriere. Aber auch ein reges Angebot von Veranstaltungen ist zu erwarten. Klaus Büstrin
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