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Kultur: Das Auge hört mit

„Formate“ heißt das Motto der Konzertsaison des Neuen Kammerorchesters Potsdam

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Manchmal kommt es auf die Verpackung an. Selbst für die Musik gilt: Man kann es so oder so präsentieren. Deshalb steht jede Saison des Neuen Kammerorchesters Potsdam unter einem Motto, um mit neuen Spielarten zu experimentieren. Im vergangenen Jahr war das „Zum Wohl“, Musik, Getränkeverzehr und Atmosphäre waren inhaltlich aufeinander abgestimmt und sollten auf die Genusskomponente aufmerksam machen.

Das habe gut funktioniert, sagt Ud Joffe, künstlerischer Leiter des Neuen Kammerorchesters. Fast zu gut, denn das Publikum habe sich doch etwas an die komfortable „Versorgungssituation“, so Joffe, gewöhnt. „Mal sehen, wie wir das künftig regeln.“ Wichtiger aber war die Erkenntnis, dass die Konzertatmosphäre bei aller gewünschten Lockerheit durchweg erhalten blieb. „Die Zuhörer haben ein Gespür dafür, was geht und was nicht“, sagt Joffe.

Am kommenden Donnerstag beginnt die neue Saison. Das Motto diesmal: „Formate“. Fünf Konzerte spielen Orchester und Solisten und jedes präsentiert sich in einer eigenständigen Form. Die Idee: Mal genauer über Hörgewohnheiten nachzudenken, so Joffe. „Was machen wir Musiker hier, für wen machen wir das und warum?“ Die Musik ist schließlich keine feste, unveränderliche Größe, auch weil die Welt der Rezipienten ständig in Bewegung ist. Die Publikumszusammensetzung verändere sich, die Art der Konsumierung, die Erwartungshaltung.

Diese Komponenten sollen in der neuen Saison verstärkt eine Rolle spielen. Größte Neuerung: Es wird einen Artist in Residence geben – allerdings keinen Musiker, sondern einen Maler. Wolf-Dieter Pfennig, Potsdamer Maler und Grafiker, hat bereits Flyer und Plakate gestaltet und wird während des ersten Konzerts am 28. September in der Schinkelhalle live malen. Es ist für Maler wie auch Orchester ein Experiment. Aber: Malen habe ja auch etwas mit Rhythmus, mit Naturtönen, mit dem Fließen der Arbeit zu tun, so Pfennig. Neugierig ist er trotzdem. „Wer weiß, was das mit mir macht, wenn mir beim Malen die Musik in die Seele fährt“, sagt Pfennig. Gastdirigent und Solist ist Guy Braunstein, renommierter Violinist aus Israel und langjähriger Erster Konzertmeister der Berliner Philharmoniker. Weitere Solisten sind Gili Schwarzmann, Flöte, und Amihai Grosz, Viola. Im kleineren Format geht es weiter, wenn am 29. November in der Französischen Kirche ein „Nocturne“ stattfindet, ein intimes, stimmungsvolles Abendkonzert, Musik zum Mithinausnehmen in die Nacht, so Joffe. Gespielt wird Béla Bartóks „Contrasts für Violine, Klarinette und Klavier“ von 1939 und Arnold Schönbergs „Pierrot Lunaire“ von 1912, ein Melodram aus 21 vertonten Gedichten, von der Mezzosopranistin Regina Jakobi im Sprechgesang vorgetragen.

Auch eine Silvestergala, dieses Mal mit Werken von Mozart, Schubert, Beethoven und Vater und Sohn Strauss, findet sich im Jahresprogramm wieder, nachdem die Premiere zum vergangenen Jahreswechsel gut angenommen wurde. „Man kann also auch in einer Kirche würdig, aber doch stimmungsvoll Silvester feiern“, so die Erkenntnis des Orchesterleiters. Solistin ist am 31. Dezember die Sopranistin Nina Bernsteiner. Ganz klassisch im Konzerthaus wird im März „Tschaikowksi für Geige“ im Nikolaisaal präsentiert, mit Guy Braunstein als Solist. Das Sommerkonzert findet dann erstmals Open Air statt. Unter den Arkaden der Friedenskirche erklingen Mozarts Jupiter-Symphonie und Mendelssohn-Bartholdys „Sommernachtstraum“, in Szene gesetzt von Schauspielern des Ensembles Poetenpack. Steffi Pyanoe

„Braunstein & Friends“ am 28. September um 19.30 Uhr in der Schinkelhalle, Karten kosten 20 Euro, ermäßigt 15 Euro

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