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Kultur: Das Besondere im Alltäglichen
Regisseurin Helke Misselwitz wird heute 65
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„Beharren auf sinnvoller Arbeit“ tituliert Helke Misselwitz selbst eine ihrer Maximen zu Beginn ihres preisgekrönten Films „Winter adé“. Vielleicht eine Ursache dafür, dass sie nicht immer den vorhersehbaren Weg gewählt hat. Geboren 1947 in Planitz bei Zwickau, absolvierte Helke Misselwitz, die am heutigen Mittwoch 65 Jahre alt wird, nach dem Abitur zunächst Ausbildungen zur Möbeltischlerin und Physiotherapeutin. Sie arbeitete dann jedoch als Moderatorin und Regieassistentin beim Fernsehen der DDR. 1978 delegiert sie der Sender zum Regiestudium an die HFF nach Babelsberg. Eine anschließende Festanstellung schlägt sie aber aus. Ihre Vorstellung vom Filmemachen passt nicht in vorgefertigte Konzepte: „Ohne ,Ziel’ zuhören“ – darum geht es ihr. Konsequent entschließt sich die alleinerziehende Mutter, künftig als freie Autorin und Regisseurin zu arbeiten. Offen geht sie auf Menschen und Themen zu, tolerant und mit ehrlichem Interesse. Sie sucht keine Problemfelder, sondern entdeckt das Außergewöhnliche im Alltäglichen und findet so ihre Geschichten. Dabei gilt ihr besonderes Augenmerk dem „Nicht-Beachteten“: Menschen am Rande der Gesellschaft, verborgene Sehnsüchte und Befindlichkeiten, Authentizität und Wahrhaftigkeit jenseits des Offensichtlichen, der einfachen Zusammenhänge und fern offiziöser Lesart oder Schubladendenken. Viele eindrucksvolle Filme sind auf diese Weise entstanden, bewegende fiktionale und dokumentarische Porträts von Menschen, aber auch von Orten, die das Spektrum des Lebens sensibel und doch unsentimental, differenziert und ungefiltert offenbaren. Fast ebenso lang wie ihr Werkverzeichnis ist auch die Liste ihrer Auszeichnungen und Preise, darunter der Verdienstorden des Landes Berlin 2009.
Und besonders verdient gemacht hat sich Helke Misselwitz um den Filmnachwuchs. Neben ihrer Filmkarriere entscheidet sie sich dafür, junge Menschen auszubilden. Seit 1997 unterrichtet sie Regie an der HFF und engagiert sich für „ihre“ Studierenden dort so, wie sich 1985 bis 1988 der Regisseur Heiner Carow um sie als Meisterschülerin an der Akademie der Künste der DDR bemühte: „Er ist einer von diesen guten Leuten, die an etwas interessiert sind, das außer ihnen liegt“. Wie er fordert sie ihre Studierenden heraus, selbst Vorschläge zu machen, ermutigt sie – oft genug gegen Widerstände – dazu, ungewöhnliche Ideen und Projekte anzugehen, neue Utopien zu schaffen. Sie lässt ihnen die größtmögliche Freiheit und steht ihnen dabei beratend und stützend zur Seite. So verwundert es denn auch nicht, dass Helke Misselwitz 2008 Initiatorin der großen Thomas-Brasch-Retrospektive war, um nach 40 Jahren an die Verurteilung wegen „staatsfeindlicher Hetze“ und anschließende Exmatrikulation dieses unbeirrbaren „Visionärs“ und „Träumers“ von der Babelsberger Filmhochschule zu erinnern.
„Helke ist eine leidenschaftliche Kämpferin für filmkünstlerische Konzeptionen und junge Menschen, die solche Konzepte im Kopf haben, aber auch für unkonventionelle Ausbildungsformen“, sagt HFF-Präsident Dieter Wiedemann. PNN
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