Der Alte Friedhof in der Heinrich-Mann-Allee präsentiert sich als Park in einem gut gepflegten Zustand. Vor allem in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erfuhr seine ursprüngliche Gestalt eine Änderung. Den Friedhof, der unter der Ägide von König Friedrich Wilhelm II. 1796 angelegt wurde, hat die SED zu einem sozialistischen Ehrenfriedhof mit acht Urnenringen, die nur teilweise belegt sind, umgestaltet. Ohne Rücksicht auf denkmalpflegerische Aspekte. Eine Rekonstruktion dieses historischen Gedächtnisses der Stadt sei trotz manch museal herausgehobener Denkmäler nicht mehr möglich, stellt Karlheinz Deisenroth fest.
Der Freiburger Historiker beschäftigt sich seit Jahrzehnten intensiv mit der Geschichte der Potsdamer Friedhöfe. Er besuchte sie bereits schon vor dem Mauerfall, als er unter erschwerten Bedingungen in die DDR einreiste. Zunächst schrieb er ein Buch über den Bornstedter Friedhof, das vor gut 13 Jahren unter dem Titel „Märkische Grablege in höfischem Glanze“ erschien. Es ist längst zu einem Standardwerk geworden.
Nun hat er ein weiteres Buch über eine Grablege in der Landeshauptstadt geschrieben, das soeben im Rombach Verlag Freiburg erschienen ist: „Der Alte Friedhof zu Potsdam – Versuch einer Rekonstruktion militärischen und bürgerlichen Lebens und Sterbens im alten Preußen“ (Rombach Verlag, 54 Euro). Auch in diesem Buch wird deutlich, dass Deisenroth ein profunder Kenner der Potsdamer Friedhofsgeschichte und Bestattungskultur ist. Sein Rechercheaufwand muss immens gewesen sein. Der gestaltete sich manchmal regelrecht zu einer Herkulesarbeit, da der Friedhof – der älteste in kommunaler Obhut - in seiner historischen Form nicht mehr existiert und viele Grabdenkmäler abgeräumt wurden. Doch Karlheinz Deisenroth hat vielen hier Bestatteten wieder ihre biographische Identität zurückgegeben. Nicht nur die der „berühmten Leichen“ wie Friedrich des Großen Flötenlehrer und Komponisten Johann Joachim Quantz, des Architekten und Kupferstecher Andreas Ludwig Krüger, des Sozialreformers Hermann Schulze-Delitzsch, des Chirurgen Ernst von Bergmann oder der Orgelbauerfamilie Schuke, sondern auch solchen, die heutzutage unbekannt oder vergessen sind.
Das Buch macht auch in besonderem Maße deutlich, dass Potsdam jahrhundertelang eine der wichtigsten deutschen Garnisonstädte war, denn viele hohe Militärs fanden auf dem Alten Friedhof ihre letzte Ruhe. Deisenroth, so spürt man, ist ihnen mit besonderer Fürsorge nachgegangen, denn der militärische Anteil hat in der über 500-seitigen Veröffentlichung absolute Priorität. Dazu kommt noch ein ellenlanger Aufsatz über militärischen Totenkult. Dass im Tod alle Menschen gleich sind, scheint in dieser Edition zweitrangig zu sein. Als Herausgeber fungiert das Militärhistorische Forschungsamt Potsdam, das natürlich das Buchunternehmen finanziell unterstützte.
Vielfältig und zahlreich ist das Fotomaterial, das von der Wiedergabe von Denkmälern über vielfältige Metall-Grabeinfassungen, die auf dem Alten Friedhof besonders oft anzutreffen waren, bis zu Bestattungszeremonien bürgerlicher und militärischer Persönlichkeiten reicht. Doch leider ist die unzureichende Bildqualität ein deutliches Manko des Buches. Klaus Büstrin
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