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Aus dem Nachlass von Beate M. Kicherer. Die 2004 verstorbene Berliner Malerin ließ sich meist von Alltags- und Straßenszenen inspirieren. So entstand wohl auch diese gesellige Runde: „Café Haus Szene“. Ihre Bilder zeigt jetzt – neben Werken weiterer Künstler – die Galeristin Traudl Bauscher. Kaufen und Mitnehmen erwünscht.

© Andreas Klaer

Kultur: Das Geheimnis der Handbremse

Die Babelsberger Galerie Bauscher lädt mit einer beachtlichen Werkschau zum weihnachtlichen Kunstkauf ein

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Wie sehr Kunst zum Alltag gehört, lässt sich in der Galerie Bauscher erleben: Im 25. Jahr ihres Galeristen-Daseins zeigt Traudl Bauscher Kleines und Großes, Malerei, Grafik, Zeichnungen und Skulpturen ihrer Künstler – und wer möchte, kann die Werke auch kaufen und zu Weihnachten verschenken.

Das Haus in der Babelsberger Villenkolonie ist alles andere als eine typische Galerie, in der Kunst in nackten, hellen Räumen wie auf einem nüchternen Teller serviert wird. Bei Traudl Bauscher wird bereits der Rundgang durch die Räume zum Erlebnis, weil die 1924 erbaute Villa reichlich Geschichte in sich birgt. 1993 zog die Galeristin in die sogenannte Adenauervilla, benannt nach dem ersten Bundeskanzler, der von 1934 bis 1935 dort wohnte, nachdem die Nazis ihn als Kölner Oberbürgermeister geschasst hatten.

Später hat Bauscher das Haus vorsichtig von den Bausünden aus DDR-Zeiten befreit, originale Fenster, Türen und Beschläge, Holzfußböden und Küchenfliesen blieben dabei erhalten und verbreiten heute eine charmante Lebendigkeit jenseits aller Perfektion. Hier sind die Kunstwerke gut aufgehoben – in weitläufigen Räumen, denen ihre ursprüngliche Funktion oft noch anzusehen ist.

Gleich im Foyer trifft der Besucher auf Skulpturen des Berliner Bildhauers Hans Scheib. Die fein gearbeiteten Figuren aus Bronze und Holz, allerlei Tiere und Frauengestalten, sind in Details wunderbar naturalistisch – und tragen dabei stets die ganz spezielle Handschrift des Künstlers. Daneben hat Bauscher Bilder von Hans Otto Schmidt gehängt, Landschaften, in die man einsteigen möchte: die Toskana und die Uckermark, Heimat des Malers.

Längst zeigt die Galeristin nicht nur Potsdamer Künstler. „Es ist vollkommen egal, wo jemand herkommt, bei mir geht es um die Kunst“, sagt Traudl Bauscher. Mit ihrem Gespür hat sie ein wunderbares Spektrum ostdeutscher Kunst in der Villa vereint, 16 Maler und Bildhauer, darunter auch den Nachlass der 2004 verstorbenen Berliner Malerin Beate M. Kicherer, den sie jetzt im Auftrag der Familie zeigt. Kleinformatige Aquarelle und Tuschebilder mit Straßenszenen, festgehaltene Momenten aus Caféhäusern. Eine Handvoll Bilder und Zeichnungen ihres einstigen Lehrers Reinhardt Stangl finden sich gleich daneben: Ölbilder und Monotypien, individuelle Einzeldrucke mit Frauenporträts eines Malers, der sonst eher farblich dicht und verschwenderisch aufträgt.

Naiv-abstrahierend, surreal bis plakativ ist der Stil von Ulrike Hogrebe, deren Bilder in guter Gesellschaft neben denen von Karl Oppermann, einem ehemaligen Professor der Berliner Hochschule der Künste, hängen. Ute Hausfelds Miniaturen, Mischtechnik und Radierungen, ergänzen sich mit Keramik von Walter Karberg, schwere, große Schalen, Kunstwerke, die zum Benutzen einladen. Hingegen dienen die abstrakten Bronzearbeiten von Carola Wedell, Arbeiten mit in sich geschlossenen, beruhigenden Formen, rein anschaulichen Zwecken. Wie die nordischen Landschaften von Eva Paul, Ölbilder, die an die flämische Tradition und Kaspar David Friedrich erinnern, tiefe Himmel, die mit dem Horizont verschwimmen, Meer, Wiese, Wolken, die den Betrachter hypnotisieren. Verspielt und von größeren Dimensionen sind die Keramikskulpturen von Caro Stark, die sogar den Garten der Villa besiedeln.

Auch ein Gang in den Keller lohnt: Der wird belebt mit Susanne Lerches Schrottkunst, zauberhaft humorvolle Skulpturen, deren Zutaten von diversen Haushalts- und Alltagsgegenständen stammen. So werden aus einem Teesieb Tieraugen, aus einer zerpflückten Bürste der Rücken eines stachligen Tiers und aus einem Fahrradlenker die beeindruckenden Hörner einer Widder-ähnlichen Kreatur. Dass es ein Männchen ist, zeigt die als Geschlechtsteil anmontierte Handbremse – ein witziges Detail der Künstlerin, die nicht nur eigene Werke schafft, sondern auch seit sieben Jahren Kunst an der Potsdamer Voltaireschule unterrichtet.

Die Ausstellung der insgesamt 17 Künstler ist eine beachtliche Werkschau, ein aufregender Spaziergang durch die Brandenburger Kunstszene. Wer danach das Haus verlässt, entdeckt vielleicht in den Kästen am Fenster die letzten schlaffen Blumenleichen, erfroren in der Dezembernacht, romantisch wie in einem Stefan-George-Gedicht.

Zu sehen bis 10. April in der Galerie Bauscher in der Rosa-Luxemburg-Straße 40, Tel. (0331) 71 03 19 oder 0173-61 91 778. Geöffnet jederzeit nach telefonischer Vereinbarung

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