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Kultur: Das Genie und der Liebhaber

Eine vermeintliche Begegnung: Das Poetenpack inszeniert zum Mozartgeburtstag „Mozart & Casanova“

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So hätte es gewesen sein können, 1787 in Prag: Lustlos und uninspiriert treibt sich Mozart an der Probebühne der Oper herum. Nach dem Erfolg von Figaros Hochzeit ist die Luft raus. Seine neue Oper „Don Giovanni“ will nicht so recht in Gang kommen. Sein begnadeter Librettist Lorenzo da Ponte ist abgereist, Mozart sitzt allein da. Mit schlechtem Orchester, schlechten Sängern. Und einer Gespielin, die Chorsängerin ist und ihn damit nervt, dass er für sie eine große Rolle schreiben soll. Mozarts schwangere Frau Constanze indes wartet unweit in einem Gasthof.

Eine durchweg verfahrene Situation also, als plötzlich Giacomo Casanova zur Tür herein schneit, der Frauenverführer, der Schriftsteller, der sich als Retter anbietet, das Libretto schreiben will und ganz nebenbei Mozart auch noch Caterina, die Gespielin, auszuspannen gedenkt. Ein Kampf beginnt, es wird intrigiert und manipuliert: um die Frau, die Musik und darum, sich den möglichst höheren Platz in der Ewigkeit zu sichern.

Zwei außergewöhnliche wie eitle Talente im „geistigen“ Duell – so stellt sich Hanns-Josef Ortheil in seinem Roman „Die Nacht des Don Juan“ (2000) die Begegnung von Mozart und Casanova vor. Und in diesem Sinne hat nun auch das „Poetenpack“ das vermeintliche Treffen inszeniert, Kerstin Tomiak schrieb die Ortheil-Geschichte für die Bühne um. Unter dem Titel „Mozart & Casanova. Über die Kunst und den Zweck der Verführung“ zeigt das junge und inzwischen überregional bekannte „Wandertheater“ diesmal im Logenhaus die musikalische Komödie in zwei Akten. Uraufführung ist Freitag, an Mozarts 250. Geburtstag.

Viel Streit, viel Gefühl, viel Eitelkeiten. Schon die ersten zehn Minuten der Komödie, die gestern als kleine Kostprobe der Presse servierte wurde, bieten davon reichlich. Da ist ein von Unruhe getriebener Mozart (Tilmar Kuhn), der, gebeugt von der Last der Suche nach Einfällen zerstreut über die Bühne huscht. Da ist eine verführende, wie verführte Caterina. Sie wird interpretiert von der zum ersten Mal für das Poetenpack auf der Bühne stehenden Berliner Schauspielerin Anna Luise Kiss. Und das ist Casanova, der große, gut aussehende Charmeur im weißen Mantel, gespielt von dem Leiter des Poetenpacks Andreas Hueck.

Dabei will das Stück mehr sein, als ein auf die Bühne gebrachter Roman. Es soll möglichst viel Mozart durchscheinen. Deshalb die Musik, Judith Brandenburg trägt mit ihrem Bandoneon den Klang des „Don Giovanni“ in das Stück hinein. Und auch die Geschichte der Oper wird sich in dem Theaterspiel wiederfinden, kündigt Regisseur Benjamin Kernen an: Casanova verhält sich wie Don Giovanni, Caterina könnte auch gut die singende Donna Elvira geben.

Die Idee zu dem Stück hatte Andreas Hueck. Der Roman von Ortheil, eine Geschichte zwischen Fiktion und Wirklichkeit – das hat ihm gefallen. Hatte Casanova tatsächlich bei „Don Giovanni“ seine Finger im Spiel? Hat er doch den durchaus an ihn erinnernden charismatischen Verführer, der in der Mozart-Oper für seine betrügerischen Amouren zur Hölle fahren muss, geprägt?

Es gibt mehr als nur das Gerücht, dass sich Casanova in Prag aufgehalten haben soll, als die Oper entstand, sagt Hueck. Casanova selbst hat in seinen Memoiren von einer Pragreise berichtet. Auch aus der Mozartnovelle von Louis Fürnberg lasse sich eine solche Begegnung herauslesen. Das größte Puzzleteil in dem Mosaik an Indizien sind aber handschriftliche Notizen zu „Don Giovanni“, die Casanova zugeschrieben werden. Zweifler halten das Beweisstück allerdings für eine abgewandelte Abschrift des Operntextes. Bleibt also bis heute offen, ob es zu einem Treffen kam oder nicht. Aber das ist letztendlich auch nicht entscheidend für das Stück. Das Theater erzählt eine Geschichte am Rande der Wirklichkeit. So wie jedes andere Theaterstück auch. Marion Hartig

Premiere 27. Januar, 20 Uhr, Karten: 0331/979 12 91

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