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„Literarische Schätze des alten Potsdam“: Das intime Verhältnis zu Potsdam

Die neue Lesereihe „Literarische Schätze des alten Potsdam“ hat am heutigen Freitag im Civil-Waisenhaus Premiere.

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Vor 120 Jahren, am 24. Juli 1896, wurde der Dichter Hermann Kasack geboren. Die literarische Öffentlichkeit in Potsdam, so hat man den Eindruck, nahm von dem Jubiläum keine Notiz. Kein Gedenken, keine Würdigung und Lesung. Doch ohne Frage: Er gehört zu den wichtigsten Schriftstellern, die aus Potsdam stammen. Sein literarischer Ruf war deutschlandweit unumstritten. Vor allem wurde sein Roman „Die Stadt hinter dem Strom“, der 1947 erschien, eines der meistgelesenen Bücher Ende der 40er-, aber auch der 50er-Jahre. Seine Zeitlosigkeit fasziniert noch heute.

Tobias Büloff, Mitarbeiter der Stadtverwaltung Potsdam und Ansprechpartner für die Erinnerungs- und Gedenkkultur, hat nun eine Veranstaltungsreihe unter dem Titel „Literarische Schätze des alten Potsdam“ initiiert, die Schriftsteller dem Vergessen entreißen möchte. Zu denen, die mit Lesungen an Dorothee Goebeler, Hermann Kasack und Karl Heidkamp erinnern, gehört auch der Autor dieses Textes. Die Veranstaltungen werden stets mit Musik begleitet.

Am heutigen Freitag ist Premiere. Im Lichthof des ehemaligen Civil-Waisenhauses wird ab 17 Uhr an Hermann Kasack erinnert. Hans-Jochen Röhrig liest aus Erzählungen und Tagebuchaufzeichnungen, in denen Kasack über das Kriegsende 1945 in seiner Heimatstadt Potsdam schreibt und reflektiert. Der Publizist Günter Wirth betont in einem Nachwort zur Veröffentlichung des Tagebuches, das 1996 erschien: „Diese Aufzeichnungen verdeutlichen anschaulich, dass das intime Verhältnis des Dichters zu dieser Stadt ein (im positiven Sinne des Begriffs) sentimentales war als eines zu der Stadt von Vater und Vorvätern, sondern ein geschichtsbewusstes und jeweils engagiertes hinsichtlich dessen, was in der Stadt, zu der er gehörte, los war.“ Kasack starb 1966, also vor 50 Jahren, in Stuttgart.

Ein intensiv intimes Verhältnis zu ihrer Stadt pflegten auch Karl Heidkamp und Dorothee Goebeler. Nicht nur, weil sie in Potsdam geboren wurden, sondern weil sie lebhaft Anteil am Schicksal ihrer Heimatstadt nahmen. Karl Heidkamp (1896–1970) gehörte in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu den bekanntesten Kunst- und Buchhändlern Potsdams. Sein Geschäft hatte er im Palasthotel gegenüber dem Stadtschloss. Das Sortiment von teilweise linken Schriftstellern wie Romain Rolland, Erich Maria Remarque, Leonhard Frank oder Rosa Luxemburg erregte den Unwillen der meist konservativen Leserschaft. In aller Munde waren auch die Ausstellungen im Roten Zimmer seines Geschäftes. Neben Kunst und Antiquitäten bot er Grafiken von Potsdamer Künstlern, mit denen er befreundet war, an. Von Heidkamp stammt auch das zu seiner Zeit vielfach gelesene Buch „Potsdam – Symbol und Allegorie“ (1933). Aus seiner Autobiografie, die nie gedruckt wurde, wird der Autor dieses Textes in der „Schätze-Reihe“ am 26. August um 17 Uhr lesen. Heidkamps Aufzeichnungen handeln von seinen Begegnungen mit Künstlern. Besonders die geistig-kulturelle Geschichte der 20er-Jahre Potsdams wird bei Heidkamp im Lichte des Biografischen lebendig.

Die Journalistin Dorothee Goebeler (1867–1945), die in Berlin unter anderen für „Die Gartenlaube“ oder für die „Deutsche Frauenzeitung“ Reportagen und Essays schrieb, hat der Stadt Potsdam der 20er-Jahre mit oftmals köstlich ironischen Texten ein Denkmal gesetzt. Das Alltagsleben, der Trubel auf den Märkten, der beginnende Tourismus, die Filmwelt, die von ihr Besitz ergreift, der melancholische Abschied vieler Potsdamer von der alten Welt der Monarchie gehören zu den Themen, die in den Büchern „Potsdamer Plaudereien“ und „Potsdam im Spiegel“ das Augenmerk der Autorin fanden. Am 9.September um 17 Uhr kann man Kostproben aus dem Werk Dorothee Goebelers hören. Klaus Büstrin

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