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Die Komfortzone verlassen. Alles Spannende passiert sowieso außerhalb des Gewohnten. Bei Intersonanzen beweist das etwa das Ensemble Mosaik.

© Karel uster

Kultur: Den Radius erweitern

Bei „Intersonanzen“, dem Fest für Neue Musik, stehen zwölf Konzerte an drei Tagen an

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Ohne Intersonanzen wäre die Musiklandschaft Potsdams und darüber hinaus um vieles ärmer. Jetzt steht wieder ein Wochenende mit ausschließlich neuen Kompositionen, darunter vielen Uraufführungen, unmittelbar bevor. Veranstalter des Festes der Neuen Musik ist der Brandenburgische Verein Neue Musik e.V. „Wer ein Festival zeitgenössischer Musik besucht, möchte in der Regel etwas Neues entdecken, mit Freude seinen Horizont erweitern und mit Gleichgesinnten in einen Dialog kommen“, sagt Susanne Stelzenbach, Komponistin und Projektleiterin von Intersonanzen. Der Veranstaltungsreigen holt jedes Jahr ein breites Spektrum künstlerischer Ansätze zur Auseinandersetzung mit der Gegenwart nach Potsdam. „Mit einem abwechslungsreichen Programm, das wir unter dem Gesamtthema ,Der moderne Klang’ gestellt haben, wollen wir einem interessierten Publikum ein attraktives Angebot machen.“ Komponisten, Interpreten und Zuhörern ist vor dem Fest klar, dass sich die Werke in formaler und emotionaler Qualität noch beweisen müssen. Man ist gespannt.

„Wenn ein Hören sich bereits eingerichtet hat“, so hat es Wolfgang Rihm einmal formuliert, „dann empfindet es Klänge außerhalb seines Hörwinkels als danebenliegend, im wahrsten Sinne des Wortes. Um neue Bezüge zu schaffen, muss der Hörer seinen Empfindungsradius erweitern.“ Diese Bereitschaft zum neuen Hören ist immer wieder substanziell für die Werke, die bei Intersonanzen zur Aufführung kommen.

Zu zwölf Konzerten wird an drei Tagen eingeladen, fast alle finden in der fabrik Potsdam statt. Aber auch der Hauptbahnhof und die Friedenskirche werden Schauplätze einer Klangexpeditionen und eines Konzerts sein. Auch ein musikalischer Ausflug nach Cottbus ist für Samstagvormittag vorgesehen. Fast 60 neue Werke werden in diesem Jahr zu hören sein, darunter 30 Uraufführungen. Ein regelrechtes Kaleidoskop zum Teil aufregender Klänge erwartet den Besucher. „Das Festival will vor allem Ausschnitte aus dem aktuellen Schaffen brandenburgischer Komponisten, die auch Mitglieder unseres Vereins sind, zur Aufführung bringen“, sagt Stelzenbach. „Aber wir blicken natürlich auch über den Kirchturm und stellen Werke von Komponisten außerhalb Brandenburgs und Berlins zur Diskussion.“

Ausgewiesene Interpreten zeitgenössischer Musik haben die Veranstalter auch diesmal wieder für die Konzerte nach Potsdam engagieren können. So kommt das Spezialensemble LUX NM aus Berlin, das vor sechs Jahren gegründet wurde, um selbst bestimmte und vielseitige Kammermusikprogramme mit einer klanglich flexiblen Besetzung zu erarbeiten. LUX NM wird das Eröffnungsprogramm am heutigen Freitag (18 Uhr) in der fabrik gestalten. Unter dem Titel „Das goldene Zeitalter“ will das Ensemble gemeinsam mit Club Real, in dem sich Akteure aus den Bereichen Darstellende Kunst, Architektur, Musik und Theaterpädagogik zusammenfinden, mit inszenierter Kammermusik, die von Susanne Stelzenbach, Stefan Lienenkämper oder Thomas Gerwin komponiert wurde, sich den Fragen stellen: Gibt es eine heile Welt hinter dem Gartenzaun und Grenzzaun? Welches Potenzial steckt in der Standardisierung und Fertigteil-Ästhetisierung aus Gartenbaumärkten?

Anschließend, um 19.30 Uhr, folgen die Sopranistin Irene Kurka und Edelgard von Gemmingen, Violoncello, den Klängen, die die Komponisten Albert Breier, Gabriel Iranyi, Frank Petzold mit ihren Instrumenten liefern. Ab 21 Uhr ist dann das Ensemble TromboNova aus Berlin und Leipzig zu Gast in der fabrik.

Am Samstag werden beim Kammerkonzert mit Flöte, Saxophon und Klavier (16 Uhr) und bei der Schlagzeug-Performance (18 Uhr) die Kontraste zwischen den Klangfarben der Instrumente und des Rhythmus eine Rolle spielen. Experimentierfreudig geht es auch in dem Konzert mit dem Berliner Ensemble Mosaik (19.30 Uhr) zu, das sich bei der Interpretation einen Namen gemacht hat. Es wird unter anderen die musikalische Szene „Kaspar“ des Potsdamer Komponisten Alex Nowitz zur Aufführung bringen, „eine Komposition, die nicht nur gehört, sondern gesehen werden will“, so Alex Nowitz. Elektroakustische Musik erklingt zum Abschluss des zweiten Festtages ab 21.30 Uhr.

Der Sonntag beginnt mit einer Klangexpedition am und auf dem Potsdamer Hauptbahnhof um 9 Uhr. Die Woehl-Orgel der Friedenskirche Sanssouci wird um 15 Uhr erstmals Akteurin bei Intersonanzen sein. Der Kirchenmusiker Tobias Scheetz wird unter anderen Werke der Potsdamer Gisbert Näther und Wolfgang Thiel musizieren. Thiels „Winterballade“ für Tuba und Orgel wurde bereits 2002 veröffentlicht und wird erst jetzt von dem Tubisten Jack Adler-McKean und Scheetz zur Uraufführung gebracht.

Inma Galiots Kompositions-Abschlussarbeit mit „Evelyn“, einem illustrierten Roman des Spaniers Andrés G. Leiva, die sie als Studierende an der Filmuniversität Babelsberg entwickelt hat, wird am Sonntag in der fabrik (17.30 Uhr) vorgestellt. Zu guter Letzt gestaltet das Ensemble Junge Musik Berlin-Brandenburg unter der Leitung von Helmut Zapf ein farbenfrohes und inspirierendes Fest-Finale (20 Uhr). Klaus Büstrin

Informationen unter www.intersonanzen.de/Eintrittskarten an den jeweiligen Kassen. Für die Klangexpedition am Sonntag sollte man sich unbedingt unter Tel.: 0174 338 76 03 anmelden.

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