Kultur: „Der Besucherzustrom ist die beste Antwort“
Brandenburger Theater kräftig im Aufwind / Verbundverpflichtungen sind aber nicht zu stemmen
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Es hört sich geradezu wie eine Erfolgsgeschichte an – wenn auch mit bitterem Beigeschmack. Das Brandenburger Theater (BT) hatte im vergangenen Jahr die höchste Besucherzahl seit 20 Jahren. 91 000 Gäste strömten in das Haus an der Grabenstraße sowie zu den Aufführungen an anderen spannenden Orten der Stadt sowie zu denen des Verbundes. „Auslastungszahlen von 92 Prozent im Musiktheater sowie 93 Prozent im Konzertbereich wären vor vier, fünf Jahren noch undenkbar gewesen“, sagte der Intendant Christian Kneisel gestern bei einer Pressekonferenz. Das alles stehe vor dem Hintergrund, dass das BT 70 Prozent seines Personals verloren habe und die Zuschüsse im starken Maße reduziert wurden. „Laut Verbundvertrag müssten die Brandenburger eigentlich vier bis fünf Musiktheaterproduktionen beisteuern, dazu fehlt dem Haus aber die Kraft. Wir haben einen Einkaufsetat von gerade mal 800 000 Euro. Durch unsere Einnahmesteigerung von 40 Prozent in den zurückliegenden zwei Jahren kommen wir auf zusätzliche 800 000 Euro. Das sind 1,6 Mio Euro. Aber für unsere Verbundverpflichtungen müssten wir 2,3 Mio Euro haben.“ Also rettet man sich vor allem in Kooperationen, auch vor dem Hintergrund, dass die eigene Teilabwicklung ebenfalls selbst zu finanzieren ist. „Ein einmaliges Vorgehen in der deutschen Bühnenlandschaft“, so Kneisel. Dafür habe das BT 2002 ein Darlehen aufgenommen. Inzwischen sei die Summe bis auf ein Viertel abgezahlt, sehe man bei den noch zu tilgenden 324 000 Euro Licht am Ende des Tunnels, so der Intendant.
Die ursprüngliche Idee, in der diesjährigen Spielzeit mit einer „Zauberflöte“ eigenen Zuschnitts aufzutrumpfen – mit deutlicher Akzentuierung auf das Freimaurertum – musste ad acta gelegt werden. Stattdessen gibt es nun ab Freitag eine kostengünstigere Inszenierung – gemeinsam mit der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin, die 90 Prozent der Sänger „beisteuert“. Das findet Generalmusikdirektor Michael Helmrath aber keineswegs bedauerlich. „Ich bin geradezu gerührt, mit diesen jungen Leuten zusammenzuarbeiten. Sie sind enorm aufnahmefähig und noch nicht verbogen. Sie geben sehr viel Hoffnung für die Zukunft der Oper, auch wenn das Geld dafür bröselt. Der Zustrom der Menschen ist die Antwort darauf. Gerade in einer sozial so brüchigen Stadt wie Brandenburg sollte man das nicht vergessen. Es droht eine Verwüstung, wenn auch das noch wegbricht.“
Nach Potsdam ist die „Zauberflöte“ bislang nicht eingeladen worden, aber vielleicht ändert sich das ja noch, wenn der Intendant Uwe Eric Laufenberg die Aufführung im BT gesehen hat. Die beiden Häuser werden indes bei der „Fledermaus“ zusammenarbeiten, die im kommenden Frühjahr Premiere hat. „Ein Experiment“, wie Helmrath betont, schließlich seien alle Rollen dieser Operette mit Schauspielern besetzt, darunter auch mit Dagmar Manzel vom Deutschen Theater Berlin.
Auf die immer mal wieder zu vernehmenden Querelen zwischen Potsdam und Brandenburg angesprochen, sagte Kneisel: „Keiner kann sich so heftig und konstruktiv streiten wie Laufenberg und ich. Aber es gibt keine Konkurrenz zwischen uns. Die Potsdamer blühen immer mehr auf und wir sind Nutznießer. Vor drei Jahren ist kaum einer bei uns ins Schauspiel aus Potsdam gegangen. Seit Laufenberg da ist, ist die Bude voll. Das können wir so nicht zurück geben.“
Unsicherheit in den Verbund bringe vor allem die Situation beim Staatsorchester Frankfurt (Oder), wo noch immer nicht die Nachfolge vom beurlaubten Intendanten geklärt sei. „Es wissen die Götter, wolang die Reise in der brandenburgischen Orchesterlandschaft künftig gehen wird“, so Kneisel. Heidi Jäger
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