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Von Klaus Büstrin: Der filmische Blick auf den Alten Fritz

Friedrich II. bildete oftmals die Vorlage für jeweils aktuelle und genehme Deutungen / Bis 2012 soll neue Filmserie entstehen

Stand:

Drei Jahre nach dem der letzte deutsche Kaiser und preußische König Wilhelm II. auf den Thron verzichten und Deutschland verlassen musste – viele Untertanen hatten kein Vertrauen mehr zu ihm – erschien 1921/22 sein Vorfahr Fridericus Rex in den deutschen Kinos. Die Ufa hatte es sich kurz nach Ende der Monarchie zur Aufgabe gemacht, mit einem vierteiligen Film alle Kräfte zu mobilisieren, die Hohenzollernherrscher wieder in Amt und Würden zu platzieren. Die Stummfilme „Fridericus Rex“, die in der Inszenierung des ungarischen Regisseurs Arzén von Czerépy entstanden, entpuppten sich als platte Serien-Propagandafilme, ohne künstlerischen Wert. Der außerordentlich musikalische und Krieg führende Friedrich II. spielte darin die Hauptrolle. Bis 1942 entstanden weitere zwölf Filme zum Friedrich-Thema, vor allem bei der Ufa in Babelsberg. Die Drehorte mit authentischen Plätzen in Potsdams Stadtmitte und im Park Sanssouci lagen vor der Tür.

Dieser Tage kündigte die Ufa an, für das ZDF-Fernsehen eine mehrteilige Filmreihe über das Leben und Wirken des populärsten Preußenkönigs zu drehen. Die Produktionsfirma ist also nach wie vor eng mit Friedrich verbunden. Ufa-Geschäftsführer Norbert Sauer sagte: „Es ist Zeit für einen neuen Blick auf Friedrich den Großen. Dieser schillernde Charakter hat Deutschland geprägt wie kaum ein anderer.“ Als Regisseur soll Lars Kraume fungieren. Gegenwärtig ist er dabei, gemeinsam mit Robert Wenrich und Jörg Winger die Drehbücher zu verfassen. Wann der Mehrteiler ausgestrahlt wird, steht noch nicht fest. Bis 2012 wird man wohl noch warten müssen, denn dann jährt sich zum 300. Mal der Geburtstag Friedrichs des Großen. In Potsdam werden vor allem große Feierlichkeiten erwartet.

Wer die Titelrolle in der Serie übernehmen wird, ist auch noch nicht klar. Vielleicht überrascht Regisseur Kraume ebenfalls mit einer ganz unkonventionellen Besetzung wie 2004 die Schweizerin Dominique de Rivaz in ihrem Film „Mein Name ist Bach“. Jürgen Vogel wirkte als König bei der Begegnung Friedrich des Großen mit dem alten Bach wunderbar inspirierend. Im Rahmen der Potsdamer Bachtage wird „Mein Name ist Bach“ am 8. September im Filmmuseum zu sehen sein.

Für den Zuschauer der zwanziger, dreißiger und bis in den vierziger Jahren hinein war die jeweilige Besetzung alles andere als eine Überraschung. Von Anfang an war Otto Gebühr abonniert für die Rolle Friedrichs II. In zwölf Filmen spielte er mit. „Unsterbliche Geliebte“, der letzte Streifen mit ihm, entstand 1951 unter der Regie von Veit Harlan. 1938 wurde er als Staatsschauspieler ausgezeichnet. Gebühr besaß eine große Ähnlichkeit mit dem preußischen König. Seine Darstellung eines autoritären Herrschers – sie war fast immer facettenlos und plakativ – bestimmte auch bei vielen Menschen seiner Zeit das Bild von Friedrich. Es waren vor allem Filme mit Führergestalten , die in der nationalsozialistischen Zeit bevorzugt wurden. Goebbels meinte, dass man mit „massiver politischer Propaganda und nationalsozialistischen Verkündungen“ kaum Zuschauer in die Kinos bekomme. Filme, die subtilere Propaganda bereit hielten, waren daher gefragt. Dazu sollten Streifen über Preußen hilfreich sein. Diese nutzten keine nationalsozialistische Symbolik, bezogen sich nicht direkt auf Hitler und seine Ideologie. Und natürlich sind nationalsozialistische Tendenzen ganz deutlich erkennbar, insbesondere das des Führerprinzips. Seine Kriege, auch seine innenpolitischen Entscheidungen, wurden mit den Filmen „entschuldigt“ und als legitime Handlungsweisen verkauft. Das diktatorisch und straff geführte Preußen konnte als ideales Vorbild gezeigt werden. Spielfilme über Friedrich den Großen wie „Fridericus“ (1936), „Der große König“ (1942) , aber auch um den Eisernen Kanzler wie „Bismarck“ (1940) und „Die Entlassung“ (1942) wurden gedreht, um „aus dem geschichtlichen Werden unseres Volkes einige Namen herauszuheben, und sie zum Allgemeingut des gesamten deutschen Volkes zu machen, um so durch gleiches Wissen und gleiche Begeisterung auch ein gleichmäßiges verbindendes Band um die ganze Nation zu schlingen“, schrieb Propagandaminister Goebbels. Am 8. März 1937 erließen die Nazis ein Verbot an die Adresse der Künstler: „Es wird darauf hingewiesen, dass berühmte Persönlichkeiten der deutschen Geschichte sowohl der Vergangenheit als auch der Gegenwart auf den Varietébühnen beziehungsweise in der Zirkusmanege nicht mehr dargestellt werden dürfen.“ Weder über Friedrich II. noch über Bismarck oder Hindenburg durfte gelacht werden, schließlich waren sie Vorbilder und „Vorfahren“ des Führers.

Friedrich der Große taucht nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im west- beziehungsweise ostdeutschen Film nur noch sporadisch auf. Das Preußenthema im Allgemeinen ließ man jedoch nicht fallen. Nostalgisch setzte Wolfgang Liebeneiner in den fünfziger Jahren im Westen Königin Luise ein Zelluloid-Denkmal, bei der DEFA wurde mit Wolfgang Staudtes „Der Untertan“ nach dem Roman von Heinrich Mann Preußen satirisch beleuchtet. Mit stark propagandistischen Zügen entsteht für das Fernsehen der DDR der Mehrteiler über den Heeresreformer Scharnhorst. Dabei berief man sich auf die Nationale Volksarmee. Die deutsch-russische Waffenbrüderschaft während der Befreiungskriege passte ebenfalls in den ideologischen Zusammenhang.

Und Friedrich der Große? Für den hatte die DEFA nur groteske Überzeichnungen parat. Ins Lächerlich-Kasperlehafte wollte man die Gestalt des Königs in „Die gestohlene Schlacht“ (1971) treiben, in dem es um eine Episode in Prag während des Siebenjährigen Krieges ging. Nur der großartige Schauspieler Herwart Grosse konnte solcherart Interpretation verhindern. Schließlich verhalf das DDR-Fernsehen Friedrich zu einem Comeback auf dem Bildschirm: Der erstmals 1985 ausgestrahlte – und dann auch von der ARD übernommene – Vierteiler nach der berühmten Romanvorlage des polnischen Autors Ignacy Kraszewski aus dem Jahr 1875 „Sachsens Glanz und Preußens Gloria“ zeugte vom Wandel des Preußenbilds in der DDR. Die Darstellung Friedrich II. im Siebenjährigen Krieg – gespielt von Arno Wyzniewski – versuchte, ihn in seiner Widersprüchlichkeit zu zeigen. Dabei stützte man sich auch auf authentische Äußerungen des Königs. Zwei Szenen, die ihn in einem zu negativen Licht erscheinen ließen, mussten auf höhere Weisung reduziert werden. Da man gerade wieder das Friedrich-Denkmal Unter den Linden in Berlin aufgestellt hatte, war allzu deutliche Kritik an Preußens filmisch meistverwertetem König nicht erwünscht.

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