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La Voix humaine. Die englische Sopranistin Felicity Lott, die vor 17 Jahren von Königin Elizabeth II. in den Adelsstand erhoben wurde und seitdem den Titel „Dame“ trägt.

©  Trevor Leighton

Sopranistin im Nikolaisaal: Der große Glanz der Dame

Felicity Lott, die am Freitag im Nikolaisaal auftritt, gehört zu den Großen der Sängergilde

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Englische Vornehmheit strahlt sie aus, ja, sie wirkt aristokratisch: Felicity Lott. Vor 17 Jahren wurde sie von Königin Elizabeth II. mit dem Verdienstorden The Most Excellent Order of the British Empire geehrt. Dadurch ist sie in den persönlichen Adelsstand erhoben worden und darf seitdem vor ihrem Namen den Titel „Dame“ setzen. Die englische Schauspielerin Judi Dench, die ebenfalls diese Auszeichnung erhielt, sagte, wenn man eine Dame sei, müsse man sich immer ganz brav verhalten. „Das ist sehr, sehr langweilig.“

Bei Dame Felicity Lott hat man nicht den Eindruck, dass sich ihr Leben langweilig gestaltet. Im Gegenteil. Die seit Jahrzehnten auf den Opernbühnen und Konzertpodien der Welt stehende Sopranistin gehört nach wie vor zu den gefragtesten Sängerinnen. Sie hat sich jedoch nie zu den hysterischen Künstlerinnen gesellt, die sich atemlos als durchreisender Star von Stadt zu Stadt verschleißen. Mit ihrer Stimme hat sie stets englische Wertarbeit abgeliefert, bis heute, die von vielen Zuhörern geschätzt wird.

In Berlin ist sie in letzter Zeit nicht so oft aufgetreten, umso erfreulicher, dass man die Sopranistin am morgigen Freitag auf der Bühne des Potsdamer Nikolaisaals in der Reihe „Stars international“ erleben kann. Gemeinsam mit der Kammerakademie Potsdam unter Antonello Manacorda wird es nicht britisch zugehen. Die Künstler haben Französisches ausgewählt: Ausschnitte aus der Operette „Die Großherzogin von Gerolstein“ von Jacques Offenbach sowie die lyrische Tragödie „La Voix humaine“ (Die menschliche Stimme) von Francis Poulenc.

Kontrastreicher können die beiden Werke nicht sein. Offenbach, der als „Mozart des Champs Elysees“ bezeichnet wird, wechselt in seiner 1867 geschriebenen und auch uraufgeführten Operette zwischen frech-satirischen Couplets und empfindsamen Arien von großer melodischer Kraft. Ob es in dem Werk um echte Liebe zwischen den Protagonisten geht, bleibt dahingestellt. Grenadier Fritz ist den Launen der Großfürstin ausgesetzt. Seine Karriere vom einfachen Soldaten zum General ist nicht sicher. Mal wird er befördert, dann wieder degradiert. Und die Großherzogin hat ihren Spaß daran. Ans Absurde grenzt die Handlung. So grotesk die Geschichte sein mag, Parallelen zum Treiben realer Staaten und der dazugehörigen Obrigkeit sind nicht zufällig. Dame Felicity Lott kennt die Operette aus dem Effeff. Im Pariser Theatre du Châtelet hat sie vor einigen Jahren einen durchschlagenden Erfolg mit der Großherzogin verbuchen können. Mit ihrem funkenschlagenden Musiktheater-Temperament entlockte sie delikate Lässigkeiten und subtilen Charme. Ihrer wandlungsfähigen Stimme, legte sie mal grellen, aber auch mal geschmeidigen Puder auf. Die Franzosen waren aus dem Häuschen. Alles Biedere, das man gern den Briten nachsagt, kam bei der Sopranistin gar nicht erst auf.

Nach der Pause geht es Nikolaisaal nicht mehr so fidel zu. In die Gefühlslage einer einsamen Frau, die ihre ganze Hoffnung auf das Telefonieren mit einem geliebten Menschen setzt, wird sich die Sängerin versetzen, in „La Voix humaine“ von Francis Poulenc, der zu den großen französischen Komponisten des 20. Jahrhunderts gehört. Er schrieb 1959 das Werk nach dem gleichnamigen Schauspiel von Jean Cocteau. Für so manchen Zuhörer wird das expressionistische Einpersonen-Stück eine Wiederbegegnung sein, denn in den 90er Jahren stellte eindrucksvoll die Mezzosopranistin Eva-Marlies Opitz am Hans Otto Theater das Werk vor, in einer Klavierfassung. Dame Felicity Lott wird es aber nun mit der Kammerakademie aufführen. Der Orchesterpart ist farbiger als ein Klavier, aber auch er hält taktvollen Abstand zur leidenden Seele. Aber er versetzt sich in sie hinein und will ihr Trost geben. Poulenc bekannte in einem Brief: „Es macht Angst, in den stillen Momenten ebenso wie in den Momenten höchster Erregung.“

Die lyrische Tragödie „La Voix humaine“ gehört zu den bevorzugten Opern der Sopranistin, kann sie doch dabei die berührenden Seelenschwingungen ihrer Stimme zum Ausdruck bringen: Leidenschaft, Zorn, Selbstironie und Verzweiflung. Wandlungsfähig ist die Kunst von Dame Felicity Lott, die seit 1975 auf der Opernbühne steht. Mit der Pamina in Mozarts „Zauberflöte“ begann ihre Laufbahn. Die Opern des Salzburger Großmeisters sowie von Richard Strauss gehörten vor allem zum Repertoire der Sopranistin. Die Feldmarschallin in „Der Rosenkavalier“ von Strauss ist eine ihrer Paraderollen. Auch an der Deutschen Oper Berlin hat sie damit mehrmals gastiert. Und immer wenn sie die Bühne betritt, geht ein großer Glanz von ihr aus, als Sängerin und als Darstellerin.

Am morgigen Freitag, 20 Uhr, im Nikolaisaal, Wilhelm-Staab-Straße 10/11. Der Eintritt kostet zwischen 8 und 30 Euro

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