zum Hauptinhalt

Kultur: Der Landschaft verpflichtet

Die Ausstellung „Carl Blechen und Carl Gustav Wegener im Dialog“ im Potsdam Museum

Stand:

Im Jahre 1881 wurde in der Berliner Nationalgalerie die erste Sonderausstellung mit Bildern des gebürtigen Cottbuser Malers Carl Blechen veranstaltet, einem Künstler, der damals bereits seit 41 Jahren tot war. Der Kunsthistoriker Alfred Lichtwark schrieb anlässlich der Ausstellung in einem Aufsatz, dass der Name manches unbedeutenden Künstlers aus Blechens Zeit noch einen volleren Klang als der seine habe, dass dieser Maler „für die jüngere Generation, selbst der Fachkreise eine neue Erscheinung“ ist. Das hat sich gründlich geändert. Carl Blechens Werke haben längst ihre Würdigung und Anerkennung erfahren.

Doch der 1812 in Havelberg geborene Carl Gustav Wegener, der von 1836 bis zu seinem Tod 1887 in Potsdam lebte und Hofmaler König Friedrich Wilhelm IV. war? Seine Popularität hat sich bisher nicht weit über die Landeshauptstadt erwiesen. Bilder, die bis 1945 in Potsdamer Hohenzollern-Schlössern und Depots zu finden waren, wurden durch Kriegseinwirkungen vernichtet oder gingen als Beutekunst in die Sowjetunion. Das Potsdam Museum, das heute 347 Ölgemälde, Aquarelle, Grafiken und Zeichnungen besitzt, hat zwar hin und wieder so manche Ausstellung mit Wegener-Bildern illustriert, doch bislang schuf man für den Maler nur in einer Sonderausstellung Raum, in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts.

Blechen und Wegener. Zwei Künstler des 19. Jahrhunderts, die der Romantik und des Realismus zuzurechnen sind, müssen wegen ihrer künstlerischen Ausstrahlung nicht konkurrieren. Für diese Feststellung sorgt nun auch die Sonderausstellung „Carl Blechen und Carl Gustav Wegener im Dialog“, die ab 9. März im Potsdam Museum zu sehen ist. Die Direktorin des städtischen Museums der Landeshauptstadt, Jutta Götzmann, und der Direktor der Stiftung Fürst Pückler Museum Schloss und Park Branitz, Gert Streidt, zeigten sich bei einem Presserundgang am gestrigen Donnerstag glücklich über die Kooperation der beiden städtischen Museen und Sammlungen Potsdams und Cottbus‘. Über die gelungene Präsentation können sie es ebenfalls sein.

Potsdams Museum kann die Bilder Wegeners seit 1918 ihr eigen nennen. Auf Initiative der uneigennützigen Mäzene Paul Heiland und Fritz Rumpf, die sich auch als Kunsthistoriker, Sammler und Museumsgründer Verdienste erworben haben, wurden aus dem Wegener-Nachlass 250 Bilder erworben. Auch die Cottbuser Sammlung mit Werken Blechens geht auf bürgerschaftliches Engagement zurück. Oberbürgermeister Paul Werner hat 1913 betuchte Einwohner aufgerufen, sich an der Gründung einer Carl-Blechen-Sammlung für Cottbus zu beteiligen. Die erste große Finanzspritze kam jedoch von angesammelten Überschüssen der Stadtwerke. 70 Bilder des Künstlers wurden erworben, die kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges im Schloss Branitz ihre endgültige Heimstatt fanden.

Nun also Werke Blechens und Wegeners in einer Ausstellung. Ein „Bilder-Dialog“ gibt besondere Auskunft darüber, wo man Gemeinsamkeiten zwischen den Künstlern findet, aber auch Abweichendes. Beide haben eine künstlerische Ausbildung an der Berliner Akademie genossen, beteiligten sich an deren Ausstellungen, waren mit dem Potsdamer Sammler und Zuckerfabrikanten Ludwig von Jacobs gut bekannt. Beiden Künstlern ist aber vor allem eine große Liebe zur Landschaft nachzusagen, die zur näheren Umgebung und zu Italien. Während der Recherchen der Kunsthistoriker kam heraus, dass die Reiserouten der Künstler sehr ähnlich waren. Über Tirol ging es nach Verona in den Süden, an die Amalfi-Küste und nach Neapel. Mit dem unvergleichlichen Licht des Südens haben Wegener und Blechen die italienischen Landschaften gemalt. Der Cottbuser hat sie oftmals mit Staffagen bedacht, beispielsweise in „Felslandschaft mit einem Einsiedler“ (1822). Die Sehnsucht der Romantiker nach einem friedlichen und harmonischen Leben wird sichtbar: Ein Eremit, an einem Wegkreuz gelehnt, schaut andächtig oder träumend in die weite Landschaft, die von einer wundersamen Helle beleuchtet ist. Wegeners „Italienische Landschaft mit Ponte Milvio“ (1839) zeigt Wiesen, Baumgruppen, Reiter, im Hintergrund Berge. Keine romantische Symbolik oder Metapher sind auf dem Bild zu finden. Davon ist die „Märkische Winterlandschaft“ (um 1823) nur so gefüllt. Selbst die Kiefern wirken wie drohende Fabelwesen, die den einsamen Wanderern keine Geborgenheit geben. Beruhigend dagegen lichtdurchfluteter „Kiefernwald“ (um 1855). Friedrich Wilhelms IV. Hofmaler wird auch als Entdecker der märkischen Landschaft bezeichnet. In der Tat: Zauberhaft sind die impressionistischen und freundlich gestalteten Bilder, auf denen bekannte Schlösser Potsdams, Seen und Waldwege in der Mark Brandenburg ohne malerische Drücker abgebildet wurden. Die Potsdamer Kulturlandschaft wird in beeindruckender Weise sichtbar. Eine Wegener-Leihgabe stammt aus dem Schloss Wiesbaden, das heute den Hessischen Landtag beherbergt. Das großformatige Gemälde zeigt „Nach Humboldts Kosmos – Einsiedelei des Heiligen Basilius“ (1849). Mensch, Natur und Landschaft sind ineinander verwoben, aufeinander angewiesen. Das Bild ist auch ein Beleg dafür, dass Wegner und Alexander von Humboldt befreundet waren. Frühe Zeichnungen und Grafiken der Künstler ergänzen die Ausstellung, die auch durch ihre Gestaltung beeindruckt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })