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Kultur: Der Musik keine Gewalt antun

Der Neu-Potsdamer Pianist Alexander Untschi stellt sich am Nauener Tor vor

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Die mit Lorbeeren gekrönte Totenmaske Ludwig van Beethovens begrüßt den Besucher im Korridor. Wir sind in den vier Wänden eines Musikers, der im März von Wien nach Potsdam zog: Alexander Untschi. Beethoven fühlte sich weitgehend wohl in der österreichischen Hauptstadt, war ihm dort doch künstlerischer Erfolg beschieden. Freilich bedrückte ihn auch die Einsamkeit, denn der geselligkeitsbereite und fröhliche Komponist litt unter einer unabwendbaren Ertaubung.

Der Pianist Alexander Untschi ist ein großer Beethoven-Verehrer. Sein Repertoire lebt von den Werken dieses Großmeisters der Klaviermusik. Wie Beethoven lebte auch Untschi in Wien, 17 Jahre lang. Aber er wurde mit dieser Stadt nicht so recht warm, meinte er gestern in einem Pressegespräch. „Diese Stadt ist weitgehend ein Relikt des 19. Jahrhunderts, äußerst konservativ“, sagte der Pianist. „Wer nicht ein ganz Berühmter ist, hat dort wenig Chancen, anzukommen.“ Doch eine aufgesetzte Karriere ist Alexander Untschis Sache nicht. „Ich möchte nicht 24 Stunden am Tagen ausschließlich am Klavier sitzen und üben. Schließlich bin ich keine Klaviermaschine. Ich möchte lesen, spazieren gehen, mich mit Freunden treffen, über Gott und die Welt nachdenken, mich einfach am Leben erfreuen.“

Der 39-Jährige war schon seit längerem auf der Suche nach einem neuen Wirkungsort außerhalb Österreichs. Vor zwei Jahren besuchte er das erste Mal Potsdam. „Von dieser atmosphärisch wunderbaren Stadt war ich sofort fasziniert, so dass ich beschloss, sie wieder zu besuchen.“ Im vergangenen Jahr reifte in ihm der Entschluss, sich ganz und gar in Potsdam ansässig zu machen. Auch die Berlin-Nähe war dabei nicht unwichtig. Er suchte in der brandenburgischen Landeshauptstadt eine Wohnung, wo er natürlich auf seinem Steinway-Flügel so proben kann, ohne dass er die Nachbarschaft dabei stört. „ Ich habe sie hier in der Nauener Vorstadt gefunden und meine Nachbarn bringen viel Verständnis für meine pianistische Tätigkeit auf“, so Alexander Untschi, der sich mit seiner Kunst gern in das Leben der Stadt einbringen möchte.

Am Freitag, 25. August wird er es erstmals tun: Am Nauener Tor stellt er sich in einem Mitternachtskonzert (Beginn 23 Uhr) den Potsdamern vor. Als Organisator agiert die Agentur neugrad „Ich möchte ausschließlich Werke von Wiener Klassikern spielen: Haydn, Mozart und Beethoven. Das werden alles Stücke sein, die ausschließlich das Publikum erfreuen sollen“, sagte Alexander Untschi. Der Pianist bevorzugt bei seinen Klavierabenden weitgehend Musik der Klassiker und der Romantiker. „Ich möchte die Werke beleben, ohne ihnen Gewalt anzutun.“ Zu Werken zeitgenössischer Komponisten findet er jedoch, wie er selbst sagte, keinen rechten Zugang. Nach einem im Münchner Gasteig, wo der Künstler mit einem rein klassischen Programm aufhorchen ließ, schrieb die „Süddeutsche Zeitung“, Untschi habe einen „Killerinstinkt“, mit dem er den feinsten Verästelungen der Meisterwerke auf den Grund zu gehen vermag.

Bevor für den Sohn russischer Eltern, der in München geboren wurde, dort aufwuchs und studierte, der Steinway-Flügel am Nauener Tor aufgestellt wird, reist er noch für zwei Konzerte nach Ungarn. Doch das Konzert in Potsdam scheint ihm besonders wichtig zu sein, schließlich möchte er in dieser Stadt ganz heimisch werden.

Im Musikzimmer findet man eine Fotografie des weltberühmten Pianisten Wilhelm Kempff, den Untschi sehr verehrt. Kempff, der von seinem 4. bis zum 49. Lebensjahr mit berufsbedingten Unterbrechungen in Potsdam lebte, organisierte von 1931 bis 1944 Meisterkurse für Musiker im Marmorpalais, die internationale Anziehungspunkte waren. Alexander Untschi möchte gern Ähnliches in der Stadt an der Havel initiieren. Genaueres war von ihm bis jetzt noch nicht zu hören.

Zunächst aber soll das bevorstehende Mitternachtskonzert eine Liebeserklärung an Potsdam werden.

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