zum Hauptinhalt

Kultur: Der Sizilianer

Olaf Bader stellt seine Biografie über den Hohenstaufer-Kaiser Friedrich II. vor

Stand:

Von diesem Kaiser träumten viele, selbst Gleichgestellte. Als Kaiser Wilhelm II., letzter seiner Art in Deutschland und immer gut für ein Bonmot, im Jahr 1905 auf seiner Italienreise das Castel del Monte besuchte, entfuhr ihm mit einem Seufzer: „Wenn ich auch ebenso peitschen und köpfen lassen könnte wie er, dann würde ich auch mehr schaffen können.“

Von der etwas rabiaten Schaffenskraft des Hohenstaufer-Kaisers Friedrich – wie Wilhelm auch eine Zwei im Namenszug – wurde hier, im Südosten Italiens, so geschwärmt. Friedrich, am 26. Dezember 1194 geboren, ab 1198 König von Sizilien, ab 1212 deutscher König und ab 1225 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Nach erfolgreichem Feldzug in das Heilige Land kam dann ab 1225 auch noch die Krone des Königs von Jerusalem hinzu. Ein Herrscher voller Schaffenskraft, der um den Stellenwert seiner Person wusste. „Durch göttliche Gnade Imperator und Caesar der Römer, in einem fort August“, stand in seinen Urkunden geschrieben. Als „stupor mundi“, der das Staunen der Welt auslöst und „principum mundi maximus“, der größte unter den Fürsten der Erde, als Heiland gar wurde Friedrich II. nach seinem Tod besungen. Aber auch als zweiter Herodes, als raubender Wolf und Drachen wurde dieser Kaiser bezeichnet und mit Eigenschaften des Antichristen belegt. Ein Mann, um den schon zu Lebzeiten zahlreiche Legenden gerankt wurden und der bis heute Projektionsfläche für nicht wenige Glorifizierungen und politische Vereinnahmung geblieben ist.

Wer dieser Friedrich II., der Sizilianer auf dem Kaiserthron, unter all den Schleiern der Legenden und Verdammungen war, versucht Olaf Rader in seiner Biografie über den Hohenstaufer-Kaiser darzulegen. Am kommenden Sonntag ist Rader zu Gast bei der Matinee in der Villa Quandt, um mit dem Publizisten Alexander Gauland über Friedrich II. zu sprechen.

Rader, Professor für Kulturgeschichte an der Berliner Humboldt-Universität, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei den Monumenta Germaniae Historica an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Autor von „Grab und Herrschaft“ sowie „Kleine Geschichte Dresdens“, hat sich auf 530 Seiten mit dem Leben und Wirken Friedrich II. auseinandergesetzt. Neben der zweibändigen, über 1000 Seiten umfassenden Friedrich-II.–Biografie von Wolfgang Stürner, die nicht ohne Grund als Standardwerk gelobt wird, nimmt sich Raders Arbeit fast schon wie ein Leichtgewicht aus. Doch das bezieht sich allein auf den Seitenumfang. Denn inhaltlich ist „Friedrich II. Der Sizilianer auf dem Thron“ selbst für den, der Stürners Opus magnum gelesen hat, ein Gewinn.

Olaf Rader hat auf eine chronologische Struktur seiner Friedrich-Biografie verzichtet. Dem Hohenstaufer-Kaiser nähert er sich neben Prolog und Epilog in 16 Kapiteln thematisch. Ob „Kaiser“ und „Gesetzgeber“, „Dichter“ und „Kriegsherr“, „Kreuzpilger“ und „Antichrist“, Raders wissenschaftlicher Blick ist genau, aber ohne sich zu sehr in ermüdende Details zu verlieren. Und wenn der Ton der zahlreich zitierten Quellen allzu schwulstig und pathetisch wird, wirkt Raders gelegentlich lockere Schreibe doch erstaunlich erfrischend.

Sizilien ist für Rader das Zentrum, aus dem sich Friedrichs II. Politik in allen Einzelheiten erklärt. „Die Herrschaft Friedrichs II. war ein letzter gescheiterter Versuch, ein Weltkaisertum zu schaffen. Sie bezog ihre ökonomische Stärke aus dem südlichen Regnum Sizilien und schien von dort eine Art vormoderner Staatlichkeit einbeziehen zu wollen“, so Rader. Und die zahlreichen Mythen, ob verherrlichend oder verdammend, fegt Rader nicht einfach nur vom heiligen Tisch der Wissenschaft, auf dem nur Fakten etwas zu suchen haben. Er bezeichnet sie, nach Johannes Fried, als „Schleier der Erinnerung“ und nutzt sie, um die zahlreichen Mystifizierungen Friedrichs II. zu entzaubern. „Betrachtet man also historische Personen, so sehen wir ihre Umrisse unter dem Schleier und nehmen zugleich die Webtechniken und Farben der Verhüllung wahr.“ Dirk Becker

Alexander Gauland im Gespräch mit Olaf B. Rader am Sonntag, dem 20. März, 11 Uhr, in der Villa Quandt, Große Weinmeisterstraße 46/47. Der Eintritt kostet 7, ermäßigt 5 Euro. „Friedrich II. Der Sizilianer auf dem Kaiserthron. Eine Biografie“ ist im C. H. Beck Verlag in München erschienen und kostet 29,95 Euro

Dirk Becker

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })