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Blick in die neue Ausstellung, die im Potsdam Musuem aufgebaut wird: Zu sehen ist Das Mädchen mit dem roten Turban von Max Kaus (o.) sowie die Marmor-Büste von Georg Kolbe, die Maria Möller-Grany, die Frau des Verlegers Ferdinand Möller, darstellt. Sie wird von Jutta Götzmann und Oliver Max Wenske auf den Sockel gehoben.

© Manfred Thomas

Von Heidi Jäger: Der Sprung in eine neue Liga

Das Potsdam Museum zeigt ab Samstag die Ausstellung „Von Otto Mueller bis Max Kaus“

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Jede Verwerfung, jede Welle ist genau protokolliert. Auch die mit Passepartout abgedeckten Schäden an den Rändern des Papiers. „Das Mädchen mit dem roten Turban“ von Max Kaus ist eines der fragilsten Objekte in der Ausstellung „Von Otto Mueller bis Max Kaus“, die am Freitag im Potsdam Museum eröffnet wird. Und damit es mit dem privaten Verleiher nicht im Nachhinein zu Diskussionen kommt, wie derzeit um die Verantwortlichkeit bei den Rissen am Fortunaportal, wurde bei der Übergabe alles akribisch notiert. Nicht nur bei dem „Mädchen mit dem roten Turban“, sondern bei jedem der 55 gezeigten Objekte.

Schließlich absolviert das Potsdam Museum mit dieser Ausstellung ein Qualifikationsspiel, um in eine neue Liga aufzusteigen. In eine Liga, in der sich auch Museen befinden, wie das Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin, das Georg-Kolbe-Museum oder die Berlinische Galerie – Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur, die zu den zehn Leihgebern der Potsdamer Expressionismus-Schau gehören. „Das ist für uns ein großer Sprung. Wir arbeiten mit Leihgebern, die sehr angesehen sind und sehr hohe Anforderungen stellen. Deshalb mussten wir uns auch neue Klimageräte zulegen, um die geforderten Werte der Luftfeuchtigkeit zu erreichen. Gerade in historischen Räumen ist das eine sehr sensible Angelegenheit“, sagt Jutta Götzmann während eines PNN-Gesprächs. Das Potsdam Museum sei vor ihrem Amtsantritt relativ unbekannt gewesen. „Angesichts der großen Vorhaben, die wir am neuen Standort im Alten Rathaus planen, müssen wir uns so aufstellen, dass wir mit anderen Museen auf gleicher Ebene kommunizieren können.“ Und das soll nicht nur mit der stadtgeschichtlichen Dauerausstellung, sondern auch mit den Sonderausstellungen geschehen, zu denen Friedrich II. im Jahr 2012 den Auftakt gibt. „Mit der Ausstellung im Holländischen Viertel sind wir schon jetzt dabei, eine Vertrauensbasis herzustellen.“

Dazu holte sich das Museum den Restaurator Oliver Max Wenske mit ins Boot, der nun als Konservator darauf achtet, dass keine der Leihgaben in den drei Monaten der Ausstellung Schaden nimmt. Er wacht in den vier mit speziellen Türschließern abgedichteten Räumen über die richtige Ent- und Befeuchtung, dunkelte Fenster ab, um die hochempfindlichen Papierarbeiten mit gedimmtem Licht in Wohlfühlatmosphäre zu versetzen. „Um überhaupt Leihgeber zu finden, muss die Idee der Ausstellung ebenso stimmen wie die wissenschaftliche Betreuung und eben die konservatorische Akzeptanz“, sagt er.

Ins Rampenlicht gestellt wird nunmehr einer der wichtigsten Kunsthändler der Moderne: Ferdinand Möller (1882 bis 1956). Vor allem seine Verlagszeit in Potsdam von 1920 bis 1929 wird dabei beleuchtet. Er führte diesen Kunstverlag in seiner Wohnung in der Wollnerstraße 14, der heutigen Otto-Nagel-Straße, und betrieb dort von 1924 bis 1927 auch eine Galerie, die zu einem besonderen gesellschaftlichen Zentrum der Stadt avancierte. In den Memoiren seiner Tochter ist zu lesen, dass die Familie mit finanziellen Beschränkungen leben musste und Ferdinand Möller seine Verlags- und Galeriearbeit vor die private Belange stellte. „Dass Möller in der Inflationskrise seine Geschäfte von Berlin nach Potsdam verlegte, ist relativ unbekannt. Dabei hat er mit seinen kleinen Potsdamer Editionen Brücke-Künstler bekannt gemacht“, sagt Jutta Götzmann.

Ein Inventar der rund 30 Künstler, die er vertrat, darunter Otto Mueller, Max Kaus, Charles Crodel und Georg Kolbe, sind in dem Katalog enthalten, der zur Ausstellung erscheinen wird. „Wir wollten möglichst viele der original belegten Werke in die Ausstellung bekommen, über den bisher bekannten Bestand hinaus“, betont die Museums-Chefin.

Die Idee zu der Exposition sei von dem Potsdamer Kunsthistoriker Andreas Hüneke, dessen Forschungsbank zur „Entarteten Kunst“ von der Ferdinand Möller-Stiftung finanziert wird, gekommen. „Aufgrund seiner guten Kenntnisse des Expressionismus wurde Möller von den Nationalsozialisten in den Dienst genommen, beschlagnahmte Kunst zu verkaufen. Es gibt eine große Diskussion, inwiefern sich der Kunsthändler dabei wirklich in Beschlag nehmen ließ. Er sah seine Tätigkeit als Schutz der Werke an, weil er nicht wollte, dass sie zerstört werden, wie es bei der Bücherverbrennung geschah“, so Jutta Götzmann.

Die Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Potsdamer Kunstverein will Auskunft geben über den Aufbruch in die Moderne, „gerade weil die 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts in der Bildenden Kunst noch nicht so gut erforscht sind“. Dabei gingen gerade vom Potsdamer Kunstsommer 1921, von dem beide Ausstellungsplakate im Potsdam Museum zu sehen sein werden, wichtige Impulse aus.

Noch türmen sich die Übergabeprotokolle der verleihenden Museen und Privatbesitzer auf einem der Tische in den Ausstellungsräumen. Immer wieder schaut Oliver Max Wenske hinein, um bei der Positionierung seiner Schützlinge keine Fehler zu machen. Schon die Rahmung zeigt, woher die Arbeiten stammen. Die Werke aus dem Kupferstich-Kabinett sind beispielsweise dunkel eingefasst und müssen an der Wand extra verschraubt werden. Keine Frage, dass dieser Auflage exakt Folge geleistet wird.

Diese Ausstellung zum deutschen Expressionismus ist die letzte im Museumshaus im Holländischen Viertel. Doch sie ist Qualitätsmesser und lässt ahnen, wie es weiter gehen könnte. Vielleicht wird das Potsdam Museum ja eines Tages in einem Atemzug mit der Berlinischen Galerie genannt. „Das wäre ein ganz schöner Sprung, aber wir würden gern dort hinkommen“, sagt Jutta Götzmann zuversichtlich lächelnd.

Eröffnung, 15. Oktober, 18 Uhr, Benkertstraße 3.

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