
© Königlich-Preußische Messbildanstalt (Sammlung Potsdam-Museum)
Kultur: Des Königs Prachtmeile
Der Förderverein des Potsdam Museums würdigt die Charlottenstraße
Stand:
Für den alten Potsdamer war die Straße auch zu DDR-Zeiten seine Charlottenstraße. Der Name Wilhelm Pieck, den sie 1950 erhielt, kam ihm selten über die Lippen. Charlotte, die Tochter Königin Luises und König Friedrich Wilhelm III., Schwester Friedrich Wilhelms IV., die in die russische Zarenfamilie Romanow einheiratete und als Alexandra Fjodorowna auf den Thron stieg, ist traditionell mit Potsdam auch mehr verbunden als der erste Präsident der DDR, Wilhelm Pieck.
Nun hat der rührige Förderverein des Potsdam-Museums e.V. eine Broschüre herausgegeben, die sich mit dieser Straße näher beschäftigt. Für seine Mitglieder war der 300. Geburtstag Friedrich II. ein willkommener Anlass, etwas Gedrucktes über diese Straße zu veröffentlichen. Eine gute Idee und wohl das erste Mal, „Friedrichs Prachtmeile“ – so heißt das edel gestaltete Heft – mit historischen Fotografien und informativen Texten von Thomas Sander und Markus Wicke vorzustellen.
Im Rahmen der zweiten Stadterweiterung unter dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. wurde die Große Brandenburgische Straße mit einfachen Typenbauten bedacht. Dass sie die ehemalige Stadtmauer begrenzte, verdeutlicht heute die Alte Wache. Friedrich II. verschönerte die ab 1749 heißende Pflugstraße mit barocken Prachtbauten, besonders, wie damals üblich, mit Schaufassaden. Georg Christian Unger, Johann Rudolf Heinrich Richter und Carl von Gontard als Architekten, Bildhauer wie die Gebrüder Räntz haben der Straße das Gesicht gegeben. Im Kaiserreich nahm man an Häusern einige bauliche Veränderungen vor, besonders mit Balkonanbauten. Der Zweite Weltkrieg brachte dann für die Straße etliche Zerstörungen. In der DDR versuchte man mit mehr oder weniger Sensibilität durch Neubauten die Straße wieder „auszufüllen“. Eine Geschlossenheit und Einheitlichkeit finde man in ihr aber nicht, stellt Autor Thomas Sander fest. Diese friderizianische Straße sei immer noch zu einem Gutteil vorhanden, „hier und da verunstaltet zwar und sanierungsbedürftig, aber in anderen Teilen bereits schmuck herausgeputzt“.
Die Broschüre wartet mit historischen Fotografien auf, die aus der Sammlung des Potsdam Museums stammen. Die Bilder geben ein Erlebnis von barocker Architektur- und Bildhauerkunst. Natürlich wurden auch einzelne Häuser, besonders seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, mit protziger Werbung bedacht, denn Gaststätten, Geschäfte und Handwerker siedelten sich an. 1929 schrieb der Potsdam-Spaziergänger Georg Hermann in puncto Kunden-Werbung: „ wozu muss nun, ohne Rücksicht auf die Architektur, auf die Geschossgliederung, auf Schmuckteile, quer über die ganze Fassade weg ein Riesenschild angebracht werden, „Müller & Meyer“, und oben auf dem Dach noch mal „Müller & Meyer“ in Riesenblechbuchstaben usf., damit man schon weitem sieht, nicht dass da ein schöner Bau steht, sondern dass da „Müller & Meyer“ Badeeinrichtungen und Klosettbecken verkaufen?“
Unter Friedrich Wilhelm III. erhielt die Straße den Namen Charlotte. Das war 1820. Die preußische Königstochter war da schon drei Jahre von der Heimat entfernt und lebte in Russland.
Die politische Wende 1989 brachte auch für Potsdam eine ganze Reihe von Straßenumbenennungen. Alte Namen, die man zu DDR-Zeit ad acta gelegt hatte, kamen wieder zum Vorschein. Da musste 1991 der Name des Präsidenten bei den Umbenennungsaktionen dran glauben. Von nun an hieß sie wieder Charlottenstraße. Die meisten Potsdamer, so schien es, waren darüber froh.
Förderverein des Potsdam-Museums (HG): Friedrichs Prachtmeile kostet 3,80 Euro und ist im im Internationalen Buch erhältlich
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