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Kultur: Detailgetreue Wort- und Notenreise

Im Marmorpalais: Sterne und Mozart

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Reisen bildet - wer wollte es bezweifeln. Je weiter, desto intensiver? Wohl kaum. Auch in nahe liegenden Regionen lassen sich bildungsreiche Eindrücke gewinnen. Heute auf gewiss angenehmere Reiseart als früher.

Schon Mozart wusste auf seinen Tourneen quer durch Europa ziemlich drastisch von den damit verbundenen Unannehmlichkeiten zu berichten. Auch der irische Schriftsteller und Pfarrer Laurence Sterne bereiste zwischen 1762-66 den Kontinent. Seine Impressionen schrieb er unter dem Titel „Yoricks empfindsame Reise durch Frankreich und Italien“ nieder. Was lag näher, die Reiseerträgnisse beider Bildungsbeflissenen miteinander zu verknüpfen, auf das sie sich sinnvoll ergänzten?!

„Große Reisen durch Europa“ nannten die Musikfestspiele ihre Lesung im Konzertsaal des Marmorpalais. Man delektierte sich an den vom HOT-Mimen Moritz Führmann vorgelesenen Kapiteln aus obiger Literaturlektüre, die anekdotenreich und bisweilen etwas sehr weitschweifig über Erlebnisse aus Calais und Paris berichteten. Der ausstrahlungsstarke Vorleser trug mit überaus angenehmer Stimme die detailgenauen bis witzigen Beobachtungen natürlichen Erzähltons vor. Er erweckte den nicht unbegründeten Eindruck, als bedeuteten ihm Wort und Sprache etwas. Ein junger Mime, der sich die Schule der Alten wiederentdeckt?!

Modulationsreich und fast durchgängig im Mezzoforte wie der Mime tastatierte Bart van Oort auf einem Hammerklavier aus Brüsseler Neuproduktion diverse Piecen von Mozart, die er auf Reisen komponierte. Des 10-jährigen Wunderkindes Sieben Variationen über das Lied „Willem van Nassau“ KV 25 eröffneten den Reigen der pianistischen Zutaten. Diesen vergnüglichen Notenübungen aus Amsterdam, fingerflink mit nuanciertem Anschlag gespielt, folgten Sechs Deutsche Tänze KV 509, die das Genie während eines Aufenthalts in Prag schrieb. Die Möglichkeiten des Pedalgebrauchs des Hammerklaviers, auch „Pianoforte“ genannt, nutzte Bart van Oort auch in der Münchner F-Dur-Sonate KV 280 und im 1. Satz der Pariser a-Moll-Sonate KV 310 reichlich. Laut und leise ging es zu, derb und deftig, und auch die spieltechnischen Möglichkeiten eines Crescendo führte er ausgiebig vor.

Die verspielten bis tiefsinnigen Galanterien der in Potsdam komponierten „Duport“-Variationen KV 573 waren nicht weniger differenziert vorgetragen. Viel Beifall.Peter Buske

Peter Buske

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