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Kultur: Die erste Performancekünstlerin

Das Theaterprojekt „Die Attitüden der Lady Hamilton“ ab 31. August im Palmensaal im Neuen Garten

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Der preußische Hofmaler Friedrich Rehberg gehörte Anfang des 19. Jahrhunderts zur deutschen Künstlerkolonie in Rom. Während seines Aufenthalts, der ihn auch nach Neapel führte, kam er in Berührung mit dem britischen Gesandten, Sir William Hamilton, ein leidenschaftlicher Sammler alter Kunst, und mit dessen Frau Emma, Aufsteigerin „aus dem Volke“, die eine begabte Sängerin. Sogar das Opernhaus in Madrid wollte die Lady als Sängerin engagieren, sie lehnte ab. Berühmt wurde sie in Neapel und weit darüber hinaus für ihre Attitüdenkunst, für ihre Verlebendigung von Bildern. Rehberg zeichnete mehrere Hamilton“sche Attitüden und ließ sie in Umrissstichen veröffentlichen. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) hat die Rehberg-Bilder in ihrem Besitz. Helma Otte, Mitarbeiterin der Stiftung, hat sich seit längerem mit der Geschichte der Attitüden beschäftigt. Bei der Eröffnung des Marmorpalais vor wenigen Jahren hat sie eine Schauspielerin gewinnen können, für zehn Minuten einige Attitüden vorzustellen. Auf Anregung von Helma Otte hat nun Barbara Heidenreichs Konzert- und Künstleragentur in Kooperation mit der SPSG sich dem Thema angenommen und als Theaterprojekt entwickelt. Es wird innerhalb der Potsdamer Hofkonzerte am 31. August, 19.30 Uhr, Premiere haben. Der Ort ist der Palmensaal der Orangerie im Neuen Garten, also dort, wo die Gräfin Lichtenau ihren musikalischen Vergnügungen nachging. Die Lichtenau, Mätresse König Friedrich Wilhelms II., besuchte die Hamiltons in Caserta bei Neapel und lernte die Attitüden der Lady kennen. Nun soll ihnen in Potsdam wieder Leben eingehaucht werden. Barbara Heidenreich fand dafür engagierte Unterstützer: Hans-Martin Rahner, der das Manuskript verfasste, die Ausstatterin Susanne Füller und die Regisseurin Johanna Hasse, die am Hans Otto Theater mit mehreren Inszenierungen auf sich aufmerksam machte.

Besonders glücklich ist die Veranstalterin, dass Dieter Mann, der zur handverlesenen Auswahl großer deutscher Schauspieler gehört, zugesagt hat, den Lord Hamilton zu spielen. Mann wird die fünf Vorstellungen zwischen seinen Auftritten bei den Nibelungen-Festspielen in Worms und den Proben am Wiener Burgtheater zu Schillers Wallenstein absolvieren. Als Lady Emma Hamilton konnte Katrina Krumpane gewonnen werden. Sie scheint für Barbara Heidenreich und für die Regisseurin eine ideale Besetzung zu sein. Die musischen Talente der Hamilton waren nämlich vielfältig. Sie konnte singen, Klavier spielen und Attitüden darstellen. Dies alles muss von der jungen Sängerin, die sich noch im letzten Studienjahr befindet, bewältigt werden. Katrina Krumpane ist in Potsdam längst keine Unbekannte mehr. In Inszenierungen des Hans Otto Theaters (Amadeus und Die Fledermaus) hat sie erfolgreich ihre Visitenkarte abgegeben.

„Man schaut, was so viele tausend Künstler gern geleistet hätten, hier ganz fertig, in Bewegung und überraschender Abwechslung ... dass man zuletzt wirk- lich meint, man träume“, berichtete Goethe über die Kunst der Hamilton, die Figuren der Antike oder des Christentums mit verschiedenen Posen verlebendigte. Sie fand viele Nachahmer. So hat man im 19. Jahrhundert in Adels- und Bürgerhäusern Gemälde in Szene gesetzt. Der Ausdruckstanz im 20. Jahrhundert steht ebenfalls in der Tradition der eigenständigen Kunstform der Emma Hamilton, nicht anders die lebenden Skulpturen, die man heutzutage als Performance überall in Großstädten entdeckt. Somit kann die Hamilton getrost als erste Performancekünstlerin bezeichnet werden.

Der Abend im Palmensaal verspricht eine interessante Begegnung mit einem kleinen Ausschnitt europäischer Kultur- und Kunstgeschichte zu werden.

Premiere: 31 August, 19.30 Uhr. Weitere Aufführungen: 1., 2. und 9. September, Palmensaal der Orangerie, Neuer Garten. Informationen/Kartenverkauf Tel. 0331/245609, Fax 0331/245610

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