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Stummfilm mit Livemusik auf Freundschaftsinsel: Die ganze Dramatik des Lebens

Es gibt wohl kaum einen passenderen Ort als die Freundschaftsinsel für „Das Blumenwunder“. Die Faszination, die das Eiland in der Mitte Potsdams ausübt, beruht vor allem auf der Vielfalt der Pflanzen und dem Wunder ihrer Schönheit.

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Es gibt wohl kaum einen passenderen Ort als die Freundschaftsinsel für „Das Blumenwunder“. Die Faszination, die das Eiland in der Mitte Potsdams ausübt, beruht vor allem auf der Vielfalt der Pflanzen und dem Wunder ihrer Schönheit. Für ein Glücksgefühl kann auch der 1926 im Piccadilly-Kino in Berlin uraufgeführte Stummfilm „Das Blumenwunder“ sorgen, der im Zeitraffer-Tempo gedreht wurde. Damals schrieb die „Berliner Morgenpost“ von einer Sensation, heute kann der Film den Zuschauer wegen seiner technisch-künstlerischen Meisterschaft immer noch in Erstaunen versetzen.

Am morgigen Freitag wird der vor wenigen Jahren wiederentdeckte Film open air auf der nördlichen Spitze der Freundschaftsinsel gezeigt. Zuvor gibt es den 15-minütigen Kulturfilm „Verliebt in Stauden“ von Gerhard Jentzsch, den die Defa 1966 als Hommage an den Bornimer Gärtner, Staudenzüchter, Schriftsteller und Begründer des Schaugartens Freundschaftsinsel, Karl Foerster, produzierte.

Übrigens war die Unterrichts-Film-Gesellschaft der Auftaggeber für „Das Blumenwunder“, der unter anderem fast vier Jahre in der Badischen Anilin- und Soda-Fabrik in Ludwigshafen am Rhein gedreht wurde. Eigentlich nur zu Unterrichtszwecken entstanden, begeisterte der Streifen die Zuschauer in den Kinos außerordentlich. Der Philosoph Walter Benjamin sprach davon, dass sich mit ihm „ein Geysir neuer Bilderwelten“ auftat. Der Medienwissenschaftler Rudolf Arnheim lobte ihn als den aufregendsten, fantastischsten und schönsten Film, der je gedreht wurde.

„Das Blumenwunder“ basiert auf Zeitrafferaufnahmen von Pflanzenbewegungen: „Man sieht die Pflanzen atmen, wachsen und sterben. Der natürliche Eindruck, die Pflanze sei unbeseelt, verschwindet vollständig. Man schaut die ganze Dramatik des Lebens – die unerhörten Anstrengungen“, schrieb der Anthropologe Max Scheler. Und in der „Berliner Allgemeinen Zeitung“ war nach der Uraufführung zu lesen: „Man sieht voll Bewunderung, dass jede Pflanze ihr eigenes Temperament, ihren eigenen Charakter hat: Manche sind melancholisch, andere nervös, andere geradezu lustig und ausgelassen: wieder andere voll stiller Beschaulichkeit oder von fast tragisch anmutender Gedämpftheit in ihren Bewegungen.“ Eingerahmt wird der Film durch allegorische Tanzszenen des Ballettensembles der Deutschen Staatsoper Berlin, die die unterschiedlichen Beziehungen des Menschen zu den Pflanzen beleuchten.

Einen besonderen Reiz übt „Das Blumenwunder“ auch durch die Musik des Berliner Filmkomponisten Eduard Künneke aus. Mal kammermusikalisch, mal sinfonisch, feinsinnig oder auftrumpfend näherte sich Künneke dem Sujet. Auf der Freundschaftsinsel wird der Filmkomponist Peer Kleinschmidt seine eigene Komposition zum Film auf dem Keyboard zu Gehör bringen. Der an der Babelsberger Hochschule für Film und Fernsehen ausgebildete Künstler wird mit Improvisationen die Bilder musikalisch illustrieren. Keine Jazz- oder Tanzmusk der 20er-Jahre wird zu hören sein, sondern traditionelle Hörgewohnheiten werden befriedigt in Verbindung mit heutigen Klängen. Klaus Büstrin

„Das Blumenwunder“ morgen um 20 Uhr auf der Freundschaftsinsel. Eintritt: 6 Euro, ermäßigt 5 Euro

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