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Kultur: Die Geschichte der Matthäus-Passion erleiden

Bachs monumentales Werk am Samstag in der Friedenskirche

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Es ist keine Frage, Johann Sebastian Bachs Matthäus-Passion gehört zu den bedeutendsten und ergreifendsten Werken, die jemals komponiert wurden. Zwar ist die h-Moll-Messe des Thomaskantors ein unvergängliches Monument, doch die Passionsvertonung ist „dramatischer, bewegender, menschlicher“, wie der niederländische Schriftsteller und Bachkenner Maarten ’t Hart bekannte. Zur Zeit ihrer Entstehung Ende der zwanziger Jahre des 18. Jahrhunderts wurde sie jedoch – vor allem in Leipzig – als zu opernhaft und für die Aufführung in einer Kirche als ungeeignet empfunden. Man konnte sich eben schwer daran gewöhnen, dass die Komposition so subjektiv und gefühlvoll mit teilweise ungewöhnlichen musikalischen Mitteln das Leiden und Sterben Jesu nachzeichnet. Erst Felix Mendelssohn Bartholdy hat die Matthäus-Passion dem Vergessen entrissen und sie 1829 in Berlin aufgeführt.

Aus der Passionszeit in Deutschland sind Aufführungen des Werkes nicht mehr wegzudenken. Auch in Potsdamer Kirchen gehören sie zu den herausragenden Höhepunkten eines Kirchen- und Konzertjahres. Am kommenden Samstag ist die Matthäus-Passion in einer Interpretation des Oratorienchores Potsdam in der Friedenskirche Sanssouci zu erleben. Unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Matthias Jacob wirken auch das Neue Kammerorchester Potsdam, die Solisten Astrid Kessler, Sopran, Annette Markert, Alt, Uwe Stickert, Tenor, Sebastian Bluth und Andreas Bauer, Bass, sowie der Chor des evangelischen Gymnasiums Hermannswerder mit. Vor und nach der Aufführung können die Besucher die Auswahl einer Ausstellung mit kalligrafischen Bildern zur Matthäus-Passion von Almut Jungnickel im Atrium in Augenschein nehmen.

Als „fünfter Evangelist“ wurde Johann Sebastian Bach vom schwedischen Theologen Nathan Söderblom bezeichnet, weil er biblisches Geschehen kongenial interpretiert. „Die Handlung der Matthäus-Passion will nicht betrachtet, sondern erlitten werden“, hat der Bachforscher Jan Albrecht erkannt. „Die einzelnen Szenen sollen somit keine wohlbekannten Stationen einer Erzählung sein, sondern sie sollen sich vor, ja, mit dem Besucher ereignen.“ Dies ist eine hoch anspruchsvolle Aufgabe für jeden Dirigenten und Mitwirkenden, der Bachs Matthäus-Passion musiziert. Und es wäre zu wenig, wenn man das Werk nur so hören würde wie der Atheist Karl Liebknecht: „Durchblickt man das Zaubergewebe, ist man ganz berauscht von Seligkeit.“ Klaus Büstrin

Bachs Matthäus-Passion in der Friedenskirche Sanssouci am Samstag, dem 9. April um 19 Uhr mit Solisten, dem Oratorienchor Potsdam und dem Neuen Kammerorchester Potsdam. Leitung: Matthias Jacob.

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