Potsdamer Mäzenaten und Sammler: Die Leidenschaft, Kunst zu sammeln
Ist es nicht wunderbar, wenn aus Freude am Sammeln von Kunst etwas Besonderes im Leben erreicht wird? Und wenn jedermann eingeladen ist, diese private Sammlung zu besichtigen, dann kann man von erfolgreichem Mäzenatentum sprechen. Potsdam hat einiges davon.
Stand:
Kunst zu sammeln gehört seit jeher zu unserer Kultur. Seit der Renaissancezeit sind in Deutschlands großen Städten bedeutende bürgerliche Sammlungen bekannt. Aber auch im Kleinen macht das Zusammentragen von Kunstwerken Kultur aus. Dies setzt natürlich zumeist eine gewisse Wohlhabenheit voraus. Deshalb nimmt es nicht wunder, wenn bis ins 18. und auch im 19. Jahrhundert vor allem bei den Landesherren Kunstsammlungen entstanden, manchmal nur aus Imponiergehabe, manchmal aus Leidenschaft. In Potsdam hat vornehmlich die Familie der Hohenzollern Kunst zusammengetragen. Ihre Schlösser und Parkanlagen geben davon reichlich Kunde. Die adligen Familien lebten in der Residenzstadt jedoch nicht auf sehr großem Fuß und konnten sich in der Regel keine Kunstsammlungen leisten – manchmal auch aus preußischer Sparsamkeit.
Dagegen wurde Berlin in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Anziehungspunkt für Künstler und Kunstfreunde, für Händler und Sammler. Mäzene traten immer mehr in Erscheinung. Es waren Fabrikanten oder Kaufleute, Industrielle oder Großunternehmer sowie Bankiers.
In Potsdam scheinen Kunstsammler und Mäzene indes übersichtlich zu sein. Dem Potsdamer Kunstverein und dem Potsdam Museum gelang es vor drei Jahren, im HBPG einige der Sammler des vergangenen Jahrhunderts und der Gegenwart mit einer Auswahl ihrer Sammlungen in der Ausstellung „100 Jahre Kunst ohne König“ vorzustellen.
Ein echtes mäzenatisches Wirken konnte man vor allem bei Mitgliedern des Potsdamer Kunstvereins in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts beobachten, so bei Paul Heiland (1870-1933) und Fritz Rumpf (1856-1927). Sie gehörten zu den Initiatoren des städtischen Museums vor mehr als 100 Jahren. Heiland, gebürtiger Potsdamer, Sohn eines Seidenfabrikanten und von Beruf Kunsthistoriker, spezialisierte sich auf das Sammeln von europäischen und deutschen Fayencen. Der Bestand umfasste rund 2700 Gefäße. Gern hätte er einen Teil Potsdam geschenkt. Doch die Verwaltung reagierte in den zwanziger Jahren nicht. Anders als das Münchener Nationalmuseum sowie das Germanische Nationalmuseum Nürnberg. Doch die Nationalsozialisten in der Frankenstadt hatten 1933 kein Interesse mehr an Heilands Fayencen. Die dort bereits gezeigten Stücke wollte der Sammler zurück nach Potsdam holen, sie blieben aber infolge einer Vertragsklausel in Nürnberg. 2504 Stücke erhielt das Nationalmuseum München, wo sie heute noch zu finden sind. Potsdam musste sich durch eigenes Verschulden mit einem kleinen Teil zufriedengeben und erhielt aus dem Nachlass rund 100 Gemälde und Zeichnungen, darunter von Antoine Pesne, Carl Gustav Wegener und Fritz Rumpf.
War Paul Heiland ein eher introvertierter Mensch, so galt der aus Frankfurt am Main stammende Fritz Rumpf als einer, der gern Kontakte mit seinen Zeitgenossen pflegte. Er war zeitweise Leiter des Städtischen Museums, gehörte zu den Initiatoren des Potsdamer Kunstsommers von 1921 bis 1925 in der Sanssouci-Orangerie, war Autor von Fachbüchern über Kostüme und Uniformen und beschäftigte sich professionell selbst mit der Malerei. Er muss ein leidenschaftlich-quirliger Sammler von alter und zeitgenössischer Kunst gewesen sein, Kunsthandwerk inbegriffen. Das Hauptaugenmerk legte er auf seine Potsdamica- und Fridericiana-Sammlung. Malerei und Grafik mit regionalen Motiven von Künstlern wie Alfred Liedtke, Bruno Bielfeld oder Oswald Erich waren vertreten, auch Handzeichnungen, Kupferstiche sowie zahlreiche Fotografien. Ein großer Teil der Rumpfschen Sammlung, die in seiner Villa am Heiligen See für Glanz sorgte, gelangte nach seinem Tod über die Erben in den Besitz des Städtischen Museums. Der Zweite Weltkrieg dezimierte die Bestände der Einrichtung auch in puncto Rumpf-Sammlung. Im Katalog zur Ausstellung „100 Jahre Kunst ohne König“ kann man nachlesen, dass sich heute noch nachweislich 56 Objekte in den Gemälde- und Grafiksammlungen des Potsdam-Museums befinden, in der Fotosammlung werden in Form historischer Abzüge bzw. Messbilder oder Glasplattennegative mehr als 200 Exemplare aufbewahrt.
Auch nach Heiland und Rumpf gab es wichtige Sammler in Potsdam. Beispielsweise Wilhelm Fraenger (1872-1962), ein Kunstwissenschaftler und Volkskundler von Format, der seit 1953 im Babelsberger Tschaikowskyweg wohnte. Neben einer umfangreichen Kunstbibliothek nannte er eine wertvolle Grafiksammlung sein Eigen, in der vor allem Blätter von Alfred Kubin, Max Zachmann, Max Beckmann und Hans Arp zu finden sind. Das einstige Wohnhaus des Kunstliebhabers mit seiner originalen Einrichtung und Atmosphäre gehört heute zur Wilhelm-Fraenger-Gesellschaft, die sich für die Erhaltung des Fraengerschen Erbes einsetzt.
Auch der Kinderarzt Herwig Hesse (1920-1994), dessen vielfältige Kunstsammlung nach seinem Tod weit verstreut wurde, gehört dazu. Ebenso der Orientalist Friedrich Sarre (1865-1845), der 750 Kunstwerke dem Kaiser-Friedrich-Museum Berlin schenkte, der Maler Siegward Sprotte (1913-2004), dessen Sammlung mit Bildern von Karl Hagemeister, Emil Orlik oder Hans Hartung in die Sprotte-Stiftung einging und in dessen Geburtsort Potsdam ihre Heimat fand. Natürlich wird man auch heute eine ganze Reihe privater Kunstsammler in Potsdam finden, die als Förderer zeitgenössischer Kunst im Hintergrund auftreten.
Mehr als 15 Jahre vor Hasso Plattner hat sich bereits ein anderer Mäzen in der Landeshauptstadt als ständigen Ausstellungsort für seine Sammlung der klassischen Moderne empfohlen: Alfred Gunzenhauser. Gerade mit seinem riesigen Konvolut von herausragenden Gemälden und Aquarellen, so von Otto Dix oder Paul Klee, wäre die Landeshauptstadt um eine Attraktion reicher geworden. Doch Potsdam reagierte nicht in angemessener Sensibilität auf sein Angebot. Seit fünf Jahren gehört die Gunzenhauser-Sammlung nun zum kulturellen Glanz von Chemnitz.
Heute ist die Potsdamer Stadtverwaltung anscheinend offen für das Mäzenatentum. So konnte der Kunstsammler Heinrich Liman mit seinem Privatmuseum Fluxus+ in der Schiffbauergasse einen wichtigen Aspekt zeitgenössischer Kultur nach Potsdam bringen. Und eines Tages wird am Jungfernsee Hasso Plattner seine Kunsthalle mit ostdeutscher Kunst eröffnen. Und jedermann ist eingeladen.
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