EXPONATE: Die Magie der Illusion
Die Ausstellung „Thälmann, Muck & Co“ zeigt ab morgen Originale aus der Filmmuseums-Sammlung
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Das Tor zum Palast des Sultans funkelt verführerisch. Es öffnete einst dem „Kleinen Muck“ eine schillernde Welt und ist jetzt die märchenhafte Einstimmung auf die Ausstellung „Thälmann, Muck & Co“, die ab morgen im Filmmuseum zu sehen ist. Die mit bunten Glassteinen besetzte Pforte gehört zu den akribisch gefertigten Details, mit denen Szenenbildner und Kunsthandwerker der DEFA einst zu begeistern wussten. Jetzt wurden Modelle, Requisiten, Plakate, Entwürfe und schwergewichtige Filmtechnik vom Archivstaub befreit und ergänzend zur Dauerausstellung „Gesichter einer Filmstadt“ aufpoliert. Sie bilden das die Sinne besonders belebende, dreidimensionale Pendant zu den hinter Glas geschützten Exponaten.
Die ergänzenden Schaustücke nehmen den Zeitstrahl der ständigen Ausstellung auf und sind ebenfalls in fünf Kapiteln unterteilt. An die Anfänge erinnert das fliederfarbene, mit weißen Glasperlen bestickte Seidenkleid Jenny Jugos in der Komödie „Träum“ nicht Annette!“. Auch ein Vorsatz-Modell zu Kurt Maetzigs Film „Der Rat der Götter“ führt bis 1950 zurück: Es zeigt, wie die bayrischen Alpen kurzerhand nach Thüringen versetzt wurden. Ein passgenau zurechtgeschnittenes Bild des mit Schnee bedeckten Massivs wurde einfach vor die Berghütte gehalten und durch technische Raffinesse verblüffend echt in die Landschaft integriert.
Aus Klein mach Groß hieß auch die Devise beim trickreichen Agieren für den Film „Die schwarze Galeere“. Die routinierte Babelsberger Filmcrew baute in einer riesigen Halle ein ebenso riesiges Wasserbassin und lieferte sich in ihrer „Bucht von Antwerpen“ mit den selbstgebauten Schiffen wilde Kämpfe. Die halbmeter hohe, abgetakelte „Andrea Doria“ mit ihren zehn Segeln erinnert an diesen Feldzug am „gefluteten“ Set.
Etwas mitgenommen sehen Frosch- und Eselsmaske aus, die wohl in verschiedenen Filmen über die Leinwand flimmerten. Ihr Debüt lieferten sie jedoch 1964 in „Die goldene Gans“, als sie vergeblich die Prinzessin zum Lachen bringen wollten.
Von der Kunst der Babelsberger „Fälscher-Werkstatt“ zeugen die Bilder aus dem großen „Goya“–Film Konrad Wolfs, die täuschend echt den Porträt-Streifen illustrierten. Unter der Gemälde-Wand schaut man in das Atelier des spanischen Malers, das Filmarchitektin Gisela Schultze 1971 nach dem Szenenbildentwurf Alfred Hirschmeiers einfühlsam modellierte. Ihre meisterliche Hand legte sie auch an das traumhaft-entrückte Modell von „Orpheus in der Unterwelt“ oder beim schaurig-schönen Schloss von „Gritta von Rattenzuhausbeiuns“ an.
Bis in die 90er Jahre hinein wird dem Betrachter Filmgeschichte zum Anfassen präsentiert. Am Ende gibt es in der von Ugla Gräf betreuten Ausstellung die „Couch in New York“, zu der in Babelsberg eine Luxuswohnung mit Blick auf die Skyline des „Big Apple“ nachgebaut und geschickt ins Bild gesetzt wurde.
Über die „Helfershelfer“ der pfiffigen Filmemacher kann sich der Besucher ebenfalls informieren: Da fährt ein riesiger Tongalgen seinen Arm aus, erinnert der fahrbare „Dolly“, Marke Eigenbau mit DDR-Mopedsitz, an die Kunst des Improvisierens. „Technik war ebenso wie das Set-Design ein Handwerk, für das man sich bei der DEFA viel Zeit ließ“, so Filmtechnik-Archivar Ralf Forster. Es sei ab den späten 60ern aber auch Technik aus dem Westen eingekauft worden.
Über all“ den Tonaufnahme- und Beleuchtungsriesen, dem knuffigen „Schneemann für Afrika“ oder dem düsteren Reich der „Ollen Hexe“ ruht Barlachs Schwebender Engel: dem Original aus Güstrow zum Verwechseln ähnlich. Die Magie der Illusion wird durch diese auf ein Jahr angelegte Ausstellung bestens geschürt und zugleich entblättert.
Eröffnung morgen 19 Uhr, um 20 Uhr läuft die Operetten-Adaption von Offenbachs „Orpheus in der Unterwelt“.
Der „Schwebende
Engel“ von Ernst Barlach wurde für Ralf Kirstens Film „Der verlorene Engel“ aus Polyesterharz nachgegossen.
Die Riesenspinne,
Gehilfin der „Ollen Hexe“, sorgte in Günter Meyers gleichnamigen Kinderfilm aus dem Jahre 1991 für Gänsehaut.
Der Berliner Doppeldecker-Bus vom Beginn der 30er Jahre wurde für Kurt Maetzigs Film „Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse“ 1955 nachgebaut.
Das Filmplakat mit Schauspieler Günther
Simon in der Hauptrolle würde erst jüngst vom Archiv des Filmmuseums erworben.
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