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Kultur: Die neue Ernsthaftigkeit

Studentenfilmfest „Sehsüchte“ beginnt heute Abend

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Mit den deutschen Beiträgen ist die Spielfilmjury bislang nicht sehr zufrieden. „Oft wirken sie kühl und gestylt“, stellt Anna Brüggemann von der Jury des heute beginnenden 36. Internationalen Studentenfilmfestes „Sehsüchte“ fest. Das Gesicht von Anna Brüggemann ist bekannt aus Film und Fernsehen, sie spielte an der Seite von Matthias Schweighöfer die Freundin des „Baal“, hatte die Hauptrolle in dem Berlinale-Erfolg „Neun Szenen“ und ist immer wieder auch in verschiedenen Tatort-Folgen – oft als Gewaltopfer – zu erleben. Seit einigen Tagen nun sichtet die junge Schauspielerin mit vier weiteren Jury-Kollegen in Potsdam die Spielfilme des Festivals.

Sebastian Urzendowsky, ebenfalls ein junges, bekanntes Filmgesicht („Der Felsen“, „Die Fälscher“), unterstreicht das Urteil seiner Kollegin: Die deutschen Beiträge würden oft wie Übungen wirken, während die ausländischen viel direkter auf die Menschen zugehen. „Vielen deutschen Beiträgen fehlen die Geschichten“, stellt er fest. Doch die Jury hat noch lange nicht alle Filme gesehen. Und ein repräsentatives Bild über den jungen deutschen Film würden die eingereichten Filme ohnehin nicht abgeben, merkt Regisseur Nicolas Wackerbarth von der Jury an.

Heute Abend werden die „Sehsüchte“ im Thalia-Kino eröffnet. Aus rund 700 eingereichten Filmen haben die Studierenden des HFF-Festivals ein Programm mit 135 Filme aus 37 Ländern zusammen gestellt. Erstmals werden auf dem Festival bis Sonntag auch Filme aus Georgien, der Türkei sowie der Andenregion gezeigt. Nachwuchsfilmer aus aller Welt bewerben sich um zehn Preise im Gesamtwert von knapp 40 000 Euro. Zu den Wettbewerbskategorien gehören Spiel- und Dokumentarfilm, Schnitt, Animation, Produktion und Publikumsfavorit. Wie im vergangenen Jahr wird es auch wieder einen Kinder-Filmblock geben, ergänzt um eine Podiumsdiskussion (25. April, 19 Uhr, Thalia 3). Ein spezieller Fokus beleuchtet in diesem Jahr Filme aus den Anden-Ländern. Da diese Region in den vergangenen Jahren zu kurz gekommen sei, möchten die Veranstalter nun den Blick nach Südamerika lenken (27. April, 18 Uhr).

Auch die Jury für den Dokumentarfilmpreis verriet gestern erste Eindrücke. Allerdings kam hier der deutsche Film besser weg als bei den Spielfilmjuroren. „Unsere Favoriten sind bislang die deutschen Beiträge“, sagt Filmemacherin Judith Keil. Es gehe vor allem um ernste Themen wie Alter, Vergänglichkeit und Einsamkeit in der Familie. „Viele Filme zeigen auch, wie Kindern das Leben in der Gesellschaft schwer gemacht wird“, sagt sie. Spaß und Komik sind in diesem Jahr auf dem Rückmarsch. „Die Filme sind eher ernst als komisch“, stellte Anna Brüggemann fest. Sie habe bislang viele „sehr gute“ Beiträge gesehen, die in ihrer Kürze ganze Dramen zu erzählen vermochten.

Stärker denn je ist in diesem Jahr der osteuropäische Film vertreten. Daher vielleicht auch die Ernsthaftigkeit. 15 Filmemacher kommen aus Polen, rund 40 aus Deutschland. Ob von ihnen einer das Rennen machen wird, steht dann am Sonntag fest. Jan Kixmüller

Die Filme sind ab 25. April, 15 Uhr, im Thalia-Kino, Rudolf-Breitscheid-Straße 50, zu sehen. Das Programm im Internet: www.sehsuechte.de.

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