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Kultur: Die Streitbarkeit zahmer Lämmer Literaturkritiker Denis Scheck bei „lit:potsdam“

Denis Scheck ist nicht gerade der Literaturkritiker, den man mit dem übergroßen Marcel Reich-Ranitzki, dem Vater aller literarischer Analysen, in Zusammenhang bringt. Nein, Denis Scheck ist vielmehr die Personifikation der schwäbischen Gemütlichkeit, ein wenig langsamer, behäbiger – aber genauso pointiert wie Reich-Ranitzki.

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Denis Scheck ist nicht gerade der Literaturkritiker, den man mit dem übergroßen Marcel Reich-Ranitzki, dem Vater aller literarischer Analysen, in Zusammenhang bringt. Nein, Denis Scheck ist vielmehr die Personifikation der schwäbischen Gemütlichkeit, ein wenig langsamer, behäbiger – aber genauso pointiert wie Reich-Ranitzki. Bereits als 13-Jähriger gab Scheck eine Literaturzeitschrift namens „Newlands“ heraus – auch keine normale Beschäftigung eines Teenagers. Es folgte eine Karriere als Kritiker und Journalist, als Literaturagent und Übersetzer britischer und US-Autoren. Beim „Deutschlandfunk“ kommentiert Scheck jeden Freitag die Spiegel-Bestsellerliste, bei der ARD moderiert er die Sendung „Druckfrisch“. Vielleicht hilft ihm seine nach außen hin wirksame Harmlosigkeit, die freilich nur ein adrettes Versteck für seine potenzielle Giftigkeit darstellt. „Gemessen an den Zumutungen der Bücher bin ich ein zahmes Lamm“, sagte er einmal.

Damit kann jedoch nicht jeder umgehen: Als Denis Scheck 2003 den Roman „Ein alter Traum von Liebe“ von Nuala O’Faolain leidenschaftlich in der Luft zerriss, hagelte es Protest – und zwar von einer Kollegin: Elke Heidenreich hatte dieses Buch wenige Tage zuvor hoch gelobt, aber der Stein des Anstoßes war ein anderer: Scheck kommentierte das Buch mit den Worten, dass dieses Buch „das Richtige für eine alte Schachtel“ sei. Heidenreich bezog das auf sich selbst, konterte und bezeichnete Scheck als „hysterisches Rolltreppendickerchen“ und „Tchibo-Literatur-Vertreter“. Scheck ließ das kalt: Für ihn sei Heidenreich keine Literaturkritikerin, da bei ihr Literatur nur ein Mittel gegen seelische Blessuren sei.

So bleibt Denis Scheck streitbar, bis hin zum Fettnäpfchen: Als er sich letztes Jahr aus Protest gegen die Streichung rassistisch konnotierter Begriffe in Kinderbüchern schwarz geschminkt in seine ARD-Sendung „Druckfrisch“ begab, hagelte es Kritik: Das sei keine harmlose Spielerei, sondern Rassismus. Da wackelte sein Thron: In diesem Duktus, hieß es, sei Scheck mehr Karnevalsprinz als Literaturexperte. Am Freitag, 22. August, eröffnet Scheck gemeinsam mit Hans Magnus Enzensberger das Festival um 19 Uhr im Park der Villa Jacobs. Oliver Dietrich

An dieser Stelle stellen wir bis zum Beginn von lit:potsdam am 22. August täglich einen der teilnehmenden Autoren vor.

Oliver Dietrich

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