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Kultur: Die Welten im Neuen Theater am See

Eröffnung im Fünferpack: Das HOT schaut in die Historie und über die Nationalgrenze hinaus

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Das Geheimnis ist gelüftet: Die fünf Titel für das dreitägige Eröffnungszeremoniell des Theaters in der Schiffbauergasse stehen fest. Es geht geschichtsträchtig und weltoffen zu: in dem „Neuen Theater am See“, das neben dem Schlosstheater und der Reithalle A ab 22. September nunmehr die dritte, größte und landschaftlich wohl reizvollste Spielstätte des Hans Otto Theaters wird.

Mit der Uraufführung von „Katte“, einem Stück von Thorsten Becker, werde die ganze Crux des Preußentums gezeigt, so Intendant Uwe-Eric Laufenberg. Da muss der junge Friedrich (Henrik Schubert) das Soldatentum erlernen, obwohl ihm der Kopf viel mehr nach französischem „Firlefanz“ steht. Der Schöngeist will sich nicht dem väterlichen Diktat beugen und versucht mit seinem Freund Katte (Moritz Führmann) zu fliehen. Der Vater (Manfred Karge) greift zu dem härtesten Mittel: Er verhängt über beide das Todesurteil. Friedrich entgeht ihm – aber nur durch die Fürbitte der Offiziere.

Eine ganz private Geschichte erzählt Frédéric Blanchettes Stück „Der Sicherheitsabstand“: Ein Paar trennt sich und dieser Zerfleischungsprozess wird auf Kosten des Kindes ausgetragen.

Wird in Katte ein dunkles Kapitel Preußens aufgeschlagen, zeichnet man in „Nathan der Weise“ eine positive Farbe Preußens. Mit Lessing vermochte es ein deutscher Dichter, den Gedanken der Toleranz in die Welt zu tragen. „Ein Stück von großer Aktualität, schauen wir nur auf Israel und Palästina “, so Laufenberg.

Auf einen anderen Brennpunkt in der Welt zielt die Uraufführung von „Julia Timoschenko“: ein Stück über die ehemalige Regierungschefin der Ukraine. Die Gasprinzessin und Jeanne d’Arc der Ukraine (gespielt von Anne Lebinsky) hat alles: Schönheit, Cleverness, Geschäftssinn. Sie ist Mutter und reich, und ging für ihre Ideale ins Gefängnis. Ob sie nun die Verkörperung einer neuen weiblichen Politik ist, wird dieses Stück ins Visier nehmen. Maxim Kurotschkin schrieb im Auftrag des Theaters über seine schillernde „Landsmännin“. „Aber wie das so ist: Man bestellt etwas, und bekommt etwas anderes geliefert“. Nach Meinung des Intendanten war der Autor zu dicht an den Problemen seiner Heimat dran und setzte Dinge voraus, die wir in Deutschland so nicht wissen. Also bat er die Autorinnen Adriana Altaras (zugleich Regie) und Kerstin Decker, zusätzliche Kapitel zu schreiben. Noch laufen die Verhandlungen mit dem Kiewer Autor, so dass die Endfassung bislang nicht stehe. In dieser Inszenierung wird es zugleich eine Reise in das Theater geben: Vom Hintereingang wird das Publikum bis an den See geführt.

Thomas Bernhards „Am Ziel“ macht den Fünfer-Pack voll. Mit dabei die schrille Darstellerin Desiree Nick, die eine beschlagene Mutter spielt, deren Bösartigkeit kaum zu übertreffen ist.

Das Staatstheater Cottbus reichert das September-Programm mit drei Aufführungen von „Die lustige Witwe“ an.

„Zur Eröffnung wollen wir noch einmal unsere gebündelte Organisationserfahrung von den zwei ,unterwegs’-Jahren hinein werfen: „Ein Taumel bis an die Belastungsgrenze“, so Laufenberg. „Wir wollen aber so vielen Menschen wie möglich die Teilnahme an der Eröffnung ermöglichen. Danach wird aber ein völlig anderer Produktionsrhythmus angeschlagen“, versichert er – sicher auch mit Blick auf die stark eingespannten Schauspieler und Techniker.

Spannung verspricht in der kommenden Spielzeit zudem „Die Fledermaus“ mit singenden Schauspielern, darunter Dagmar Manzel und auch der Intendant selbst. Die in Rostock zum Kultstatus avancierte Schwank-Inszenierung „Der Raub der Sabinerinnen“ wird in der Regie und schauspielerischen Mitwirkung von Katharina Thalbach nun auch in Potsdam versuchen, seinen „Siegeszug“ anzutreten. Die „Winteroper“ hält neben der Wiederaufnahme von „Titus“ eine weitere Mozart-Oper bereit: „Cosi fan tutte“. Es könnte zugleich ein Abgesang werden. Wenn sich Stadt, Land und Sponsoren künftig nicht nachhaltiger für dieses exklusive Angebot im Schlosstheater aussprechen, will Laufenberg diesen finanziellen Kraftakt nicht mehr stemmen. Reserven sieht er im Theater- und Orchesterverbund, der in neue, vernünftige Strukturen gebracht werden müsse. Es könnten Opernbäume wachsen, wenn das vorhandene Geld richtig angelegt werde.

Mit ins neue Haus übernommen werden die erfolgreichen Inszenierungen „Eines langen Tages Reise in die Nacht“, „Kabale und Liebe“ und „Die Dreigroschenoper“. Weiter auf dem Spielplan bleiben zudem „Veronica beschließt zu sterben“ in der Fachhochschule, „Amadeus“ im Schlosstheater und „Frau Jenny Treibel“ im Palais Lichtenau.

Auch im Kinder- und Jugendtheater werden wieder spannende und altersdifferenzierte Themen verhandelt, und es gibt auch eine Märchenadaption: Die begabte junge Autorin Katharina Schlender nahm sich des „Rapunzel“ an und entlüftet ihm das „Geheimnis der Liebe“.

„Wir wollen aus dem Theater in die Welt gucken, und zugleich die Welten ins Theater holen“, beschrieb Uwe-Eric Laufenberg das Credo des neuen Spielplans im endlich neuen Theaterhaus.

Heidi Jäger

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