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Kultur: Differenzierte Betrachtung wächst Ein Vorgeschmack auf Plattners Kunsthalle

So mancher Museumsdirektor wollte Kunst der DDR nicht nach künstlerischen Gesichtspunkten ausstellen, sondern nur nach historischen. Doch ganz so trotzig wie kurz nach dem Fall der Mauer vor 23 Jahren sind die meisten Galeristen und Direktoren nicht mehr, indem sie diese Kunst einfach in Depots verschwinden ließen.

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So mancher Museumsdirektor wollte Kunst der DDR nicht nach künstlerischen Gesichtspunkten ausstellen, sondern nur nach historischen. Doch ganz so trotzig wie kurz nach dem Fall der Mauer vor 23 Jahren sind die meisten Galeristen und Direktoren nicht mehr, indem sie diese Kunst einfach in Depots verschwinden ließen. Das „Weg mit dem Sozialismus-Klimbim“ weicht so langsam einer differenzierteren Betrachtung. Nicht nur als bieder, grau und provinziell wird sie bezeichnet. Man bewundert auch ihre Vielschichtigkeit.

Der Software-Milliardär Hasso Plattner entdeckte für sich die DDR-Kunst. Gern hätte er sie bekanntlich in Potsdams Stadtmitte den Potsdamern und ihren Gästen gezeigt, dort, wo das Hotel Mercure steht, in einer eigenen Kunsthalle. Doch das Mäkel-Potenzial, das den einstigen Leuchtturm des sozialistischen Städtebaus erhalten sehen will, ist in der Landeshauptstadt nicht gering. Dem wollte Plattner aus dem Wege gehen, zog sich mit seinem Angebot zurück und wird nun die private Kunsthalle auf seinem privaten Grundstück am Jungfernsee bauen lassen.

Als Vorgeschmack sind 28 Bilder seiner noch recht jungen Sammlung ab kommenden Dienstag im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (Kutschstall) in einer Sonderausstellung zu erleben. Sie wartet mit großen Malernamen wie Werner Tübke, Bernhard Heisig, Wolfgang Mattheuer oder Willi Sitte auf, Namen, mit denen man sich in der DDR schmückte – so mancher Galerist auch heute noch.

Wer Kunst der DDR sammelt, sollte das Spannungsfeld zwischen offiziellen und nonkonformen Bildwelten mit in den Blick nehmen. Auch das in der Kunst gespiegelte Verhältnis zwischen utopischem Anspruch und sozialistischer Wirklichkeit. Ihrer Ideologie entsprechend sah es die SED bereits 1946 als Aufgabe der bildenden Kunst an, politische Botschaften zu vermitteln, idealisierte Gesellschaftsbilder zu propagieren und Fortschrittsutopien zu illustrieren. Nach der Gründung der DDR begann die Durchsetzung des „Sozialistischen Realismus“ als Staatskunst und eine institutionelle Zentralisierung der Kunstpolitik. Die meisten Künstler machten „gute Miene zum bösen Spiel“, wie andere DDR-Bürger in den unterschiedlichen Berufen auch. Es gab aber eine ganze Reihe von Malern, Grafikern und Bildhauern, die in ihren Werken „durch die Blume“ mit Kritik am System aufwarteten. Andere gaben unverhohlen ihre ablehnende Meinung zur Diktatur kund. Die wurden staatlicherseits nicht gefördert, Galerien und Museen hatten plötzlich kein Interesse mehr an einer Zusammenarbeit. Wenn sie ihre Kunst präsentieren wollten, dann nur noch im Raum der Kirche.

In Potsdam baute man zu DDR-Zeiten eine „Galerie der sozialistischen Kunst“ auf. Sie beherbergt Werke sicherlich von ganz unterschiedlicher Qualität. Die Direktorin des Potsdam Museums, Jutta Götzmann, sagte Ende November 2011 während einer Diskussion über den Umgang mit DDR-Kunst im Babelsberger Truman-Haus, dass in der neuen Stadtgeschichte-Ausstellung im Alten Rathaus auf die Bestände der DDR-Kunst-Sammlung nur aus kulturhistorischen Aspekten zurückgegriffen werde. Um wirklich gute Kunst in die Ausstellung zu integrieren, werde man auf private Sammlungen zurückgreifen. Der Sammlungsbestand des Museums mit Bildern, Grafiken und Plastiken bleibt also weiterhin weitgehend im Verborgenen. Es sollte immer wieder an die großzügige Schenkung des Usedomer Malers Otto Niemeyer-Holstein in den 1980er Jahren an Potsdam erinnert werden. Mehr als 30 Bilder des international bekannten Malers hingen damals im Kulturhaus „Hans Marchwitza“ (Altes Rathaus). Wo befinden sie sich heute? Wäre es nicht an der Zeit, diese zeitlose und ideologiefreie Kunst wieder der Öffentlichkeit zu präsentieren?

Das Vorhaben des Milliardärs ist zu einer öffentlichen Angelegenheit der Stadt geworden. In diesem Zusammenhang ist klar geworden: Potsdam ist aus seiner Verantwortung, eine Kunsthalle auch für die Künstler, die jahrzehntelang sehnsüchtig auf einen städtischen Kunstraum warten, in dem auch sie ihre Werke zeigen können, nicht entlassen. Dafür lohnt es sich, die Stadt daran zu erinnern.

Die Niemeyer-Holstein-Bilder wären für eine städtische Kunsthalle eine wunderbare Basis. Genauso wie so manche Gemälde und Grafiken von Wolfgang Wegner, Karl Raetsch, Hubert Globisch oder Gottfried Höfer, die im Depot des Potsdam Museums zu finden sind.

Klaus Büstrin

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