Das Weihnachtskonzert der Kammerakademie Potsdam am zweiten Festtag im Nikolaisaal gehört zu den schönen Traditionen im Potsdamer Konzertkalender. Vor allem festlich und stimmungsvoll will man es haben. Spätbarocke Musik ist dafür bestens geeignet. Und wenn exquisite Interpretationen sich noch hinzu gesellen, dann ist die klingende Weihnacht perfekt. Die Kammerakademie ließ sich wiederum nicht lumpen und erfüllte wie gewohnt die Wünsche ihrer Zuhörer.
Schön, dass man etwas tiefer in der Barockkiste kramte und dabei den Komponisten Johann David Heinichen entdeckte, der sehr viel zu selten mit seinen Werken in Konzertsälen auftaucht. Heinichen wirkte zurzeit August des Starken als Kapellmeister in Dresden. Er hinterließ eine große Anzahl von Kompositionen: Messen, Orchesterkonzerte, Kammermusik, Opern. Der sächsische Kurfürst und polnische König war mit Heinichen sehr zufrieden und lobte dessen kompositorische Wendigkeit und Modernität. Der Hofkapellmeister brachte nämlich aus Italien den neuen venezianischen Stil à la Vivaldi nach Sachsen mit.
Die Kammerakademie Potsdam präsentierte unter der leidenschaftlich-inspirierenden Leitung des Italieners Riccardo Minasi das Concerto G-Dur. Heinichen liebte die Faszination vielfältiger Klangfarben, die er auch in diesem Werk in vielen Schattierungen einzusetzen wusste, mit Flöte, Oboe, Violine. Die virtuosen Solopassagen, großartig gespielt von Konzertmeister Matan Dagan, den Flötistinnen Bettina Lange und Annelie Kronbügel, von Jan Böttcher und Annedore Wienert, Oboe, sowie den prächtigen Tutti-Ritornellen, mit denen das gesamte Ensemble aufwarten konnte, erzählen viel von dem tief empfundenen Dialog der Instrumente und der reichen Ausdruckspalette der Komposition.
In Georg Friedrich Händels Concerto grosso B-Dur op.3 Nr.1 stießen dann wiederum die Solo-Violine gemeinsam mit den Holzbläsern aufeinander, hinzu kamen noch zwei Fagotte (Christoph Knitt und Zoltan Kovacs-Gokieli). Dies ergab intensive Ausdrucksmomente, denen man sich nicht entziehen konnte. Auch hierbei wusste Riccardo Minasi die Balance zwischen Farbdetail und großem Bogen immer zu halten.
Als „deutsches Bratschenwunder“ wird Nils Mönkemeyer bezeichnet. Die Kammerakademie konnte den Zweiunddreißigjährigen als Solisten gewinnen. Und er machte das Weihnachtskonzert zu einem wirklichen Fest. Werke von Georg Philipp Telemann und Johann Sebastian Bach brachte er mit in den Nikolaisaal. Das Konzert in G-Dur für Viola, Streicher und Basso continuo von Telemann gehört wohl zu den frühesten Kompositionen für eine orchesterbegleitete Bratsche. Die sinnliche Heiterkeit und der barocke Pathos der Musik wussten Mönkemeyer und die Kammerakademie bestens zu präsentieren, mit überschäumender Fantasie, Charme und Energie.
Das Konzert d- Moll BWV 1052, ursprünglich für das Klavier geschrieben, hat der vor allem als Filmkomponist tätige Marco Hertenstein für die Viola bearbeitet. Der Solist zeigte seine ganze Virtuosität in dem von leidenschaftlicher Dramatik geprägtem Stück, jedoch keine technische Eitelkeit. Makellose Intonation fiel besonders im langsamen Satz auf. Die Tempi, die Mönkemeyer gemeinsam mit dem Dirigenten Riccardo Minasi wählte, waren frisch, zuweilen auch überzogen, doch eine so durchdringende Intensität hört man nur eben ganz selten. Der Beifall war entsprechend enthusiastisch. Klaus Büstrin
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