zum Hauptinhalt
Skurrile Trophäen. Die Nabelschere aus Salzburg und die Jabega aus dem spanischen Benalmadena.

© Manfred Thomas

Kultur: Ehrenparade

Bambi, goldener Spatz und fliegender Ochse: Foyerausstellung im Filmmuseum zeigt Festivalpreise

Stand:

Sie erinnert an die „Straße der Besten“ in der DDR oder an die „Ehrenschreine“, die die damaligen sowjetischen Freunde gern auf Patenschaftstreffen in den Kasernen präsentierten: Urkunden über Urkunden, blitzende Orden, Trophäen. Doch hier geht es nicht um Arbeiter- oder Soldatenehre, sondern um die Pracht des Ruhms, mit der die Stars des Filmgeschäfts gehuldigt wurden: sei es für ihre Leistungen auf der Leinwand oder aber auch privat.

Ein Lächeln beim Betrachter ist durchaus erwünscht, wenn er ab heute die neue Foyerausstellung im Filmmuseum abschreitet. Denn es ist schon erstaunlich, für was man alles geehrt werden kann. So erhielt die Schauspielerin Ilse Werner eine Urkunde für 10 Jahre unfallfreies Autofahren, der Schauspieler Harry Hindemith wurde für seine erfolgreiche Teilnahme am Urlaubermassensport ausgezeichnet und der einstige DEFA-Studio-Chef Albert Wilkening für die Verdienste um die Entwicklung der Philatelie in der DDR. Rund 50 Urkunden werden in dieser skurrilen Ehrenparade von 50 Skulpturen flankiert: Imposant, prunkvoll, verspielt, kreativ oder einfach nur hässlich.

Kuratorin Ines Berger grub sich tief durch die Nachlässe des Archivs des Filmmuseums und beförderte etwa ein Zehntel der gesammelten „Devotionalien“ ans Licht der Öffentlichkeit. Dabei ging es ihr nicht nur um „Stars“, wie den Bambi, den Daniel Brühl für seine Rolle in „Good Bye, Lenin!“ erhielt, und den er nach einer Retrospektive 2003 dem Filmmuseum als Dauerleihgabe überließ. Auch von Festivals, die kaum einer kennt, gibt es durchaus augenfällige Schönheiten, wie die tanzende „Goldene Apsara“, den das 1. Internationale Film-Festival Phnom-Penh 1968 dem DEFA-Film „Die gefrorenen Blitze“ zuerkannte. Auch der in Holz geschnitzte „Große Steiger“, der beim Filmfestfestival der DDR in Karl-Marx-Stadt verliehen wurde oder ein goldenes Raumschiff vom Utopischen Filmfestival Triest sind echte Hingucker in diesem Kuriositäten-Kabinett des Ruhms. Eines der bizarrsten Objekte ist die „Nabelschere“, die Christa Kozik auf einem Kinderfilmfestival in Salzburg 1978 für das Drehbuch zu „Philipp, der Kleine“ als Publikumspreis bekam. In der Innenseite des Scherenschenkels ist ein winziges gewickeltes Baby versteckt.

Oft finden sich Wappen oder Ansichten der preisvergebenen Städte auf den Auszeichnungen wieder, Karlovy Vary lässt indes sein berühmtes Moser-Glas sprechen. Das älteste Stück der Schau ist von 1936 und aus echtem Bernstein: Eine Wanderschale für Richard Groschopp und seine „Kleine Königstragödie“. Goldener Löwe, Goldenes Kitz, Goldene Stimmgabel, Goldener Spatz – es geht glitzernd zu in der Welt des Glamours. Im Fernsehen der DDR war man besonders spendabel. Dort wurden monatlich Lorbeerkränze in Bronze, Silber und Gold geflochten.

Doch einer der Größten unter den Heroen fehlt noch in der Sammlung: der einzige Goldene Bär, den die DEFA je bekam. Der funkelt indes im Wohnzimmer des Regisseurs von „Die Frau und der Fremde“, Rainer Simon, der sich offensichtlich nicht von seinem „Freund“ aus dem Jahre 1985 trennen kann. Dafür erinnert ein kleines, apfelförmiges Objekt aus Glas an diesen Spielfilm, der der DEFA hüben wie drüben Ehre brachte: Der weniger bekannte Preis des Spielfilmfestivals der DDR, den Hans Poppe für das Szenenbild erhielt.

„Die Frau und der Fremde“ ist heute im Beisein der Hauptdarstellerin Kathrin Waligura zu sehen. Es ist der Wunschfilm von Regisseur Claus Dobberke, den er gern anlässlich seines 70. Geburtstages sehen möchte. Dieser Film präsentiert sich indes weniger im Glamour-Look, er leuchtet eher von Innen. Heidi Jäger

Die Ausstellung wird im Rahmen von „Carte Blanche für Claus Dobberke“ heute um 18 Uhr eröffnet.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })