Kultur: Ein Buch, das das Leben schreibt
Lesung von Rieta Mildebrath im Frauenzentrum
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Lesung von Rieta Mildebrath im Frauenzentrum Erzählt wurde im Rahmen der Leseabende des Frauenzentrums die Geschichte einer ungewöhnlichen Reise, die Rieta Mildebrath und fünf weitere Mitglieder des Fördervereins KZ Ravensbrück vom 17. bis 29. September zur Krim unternahmen. Mit überdimensionalem Gepäck, was sogleich am Startbahnhof in Berlin Lichtenberg Diebe auf den Plan rief. Man wurde der Reisedokumente verlustig, was die lange Reise noch einmal erschwerte. Besucht werden sollte der Simferopoler Invalidenverein, der sich zeitgleich Anfang der 90er Jahre mit dem Fürstenberger Verein auf der Krim gründete. Auch er kümmert sich, mit nahezu sechzigjähriger Verspätung, um ehemalige KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter. Nach der abenteuerlichen Reise wurde die Brandenburger Gruppe trotz der ungewöhnlichen Zeit, 4 Uhr in der Frühe, von den oft hochbetagten Ukrainerinnen herzlich begrüßt. Wie Rieta Mildebrath aus dem Reisetagebuch berichtete. Die Herzlichkeit des Empfangs, der Sonnenaufgang über dem Schwarzen Meer und ein sauberes Bett für nur wenige Stunden Schlaf entschädigten die Reisenden für die durchstandenen Strapazen. Belebte wieder das Zeit- und Ortsgefühl. Die Vorsitzende des ukrainischen Vereins, Sina Demjanenko, war Dolmetscherin, Reiseleiterin, Projektleiterin und Betreuerin in einer Person. Mit Ihrer Familie erwarb sie ein hoch über dem Meer gelegenes Grundstück. Mit Spenden eines Moskauer Vereins wurde eine Jugendherberge gebaut, die für 14tägige Erholungskuren jeweils 20 ehemaligen KZ Häftlingen zur Verfügung steht und auch die Reisegruppe beherbergte. Dem 200 Mitglieder zählenden Verein gehören 56 ehemalige Ravensbrückerinnen an. Der Verein hilft bei der oft mühsamen Beschaffung der Papiere zur Bestätigung der Haft- und Zwangsarbeitszeiten zur Auszahlung der Entschädigungsgelder. Unterstützt in besonderen Notlagen. Ein Altersheim soll neben der Jugendherberge gebaut werden. Noch fehlt das Geld. Immer wieder werden Treffen und Reisen organisiert. So auch mit der Brandenburger Gruppe. Brechend voll waren die Tische für die Gäste mit Früchten und Gemüse aus den Hausgärten. Einige Häuser der NS-Opfer konnten durch Entschädigungsgelder renoviert werden. Einige Gelder versickerten irgendwo. Besucht wurden Baba Natascha, Margerita Utschajewa, Katja Romaneko, Katjuscha Kalimtschenko. Viele leben in großer Armut. Wenig wurde von den Leiden der Naziherrschaft gesprochen. Kein Hass auf die „Kinder“ ihrer ehemaligen Peiniger. Die Gespräche galten den gegenwärtigen Sorgen. Die jungen noch mobilen Mitglieder des Vereins planen im April 2005 einen Gegenbesuch in Brandenburg. Die Alten, oft von Krankheiten gezeichnet, hoffen auf gute letzte Tage im noch zu erbauenden „Altenheim am Meer". Barbara Wiesener
Barbara Wiesener
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