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Kultur: Ein fast vergessener Schatz

Höfische Festspiele sollen wieder zum Leben erweckt werden

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Gotthold Ephraim Lessing erlebte Friedrich II. mit der ihm eigenen kritischen Distanz. Der König veranstaltete ein pompöses, lichterfunkelndes Ritterspiel in antiken Kostümen auf dem Schlossplatz in Berlin. Fürsten und Kavaliere ragten hoch zu Ross. Alles strahlte Kostbarkeit und Prunk aus, wie er seit den Tagen des ersten Friedrich nicht mehr zu sehen war. Lessing, der zu den Zuschauern gehörte, formte sein Erlebnis in einem Gedicht, in dem es unter anderen heißt: „Freund, gestern war ich – wo? / Wo alle Menschen waren. Da sah ich für mein bares Geld / So manchen Prinz, so manchen Held / Nach Opernart geputzt als Führer fremder Scharen “ In diesem kritischen Gedicht, das Lessing den Titel „Auf ein Karussell“ gab, heißt es jedoch zum Schluss: „Kurz, die Wahrheit zu gestehn / Mein halber Taler dauert mich“.

255 Jahre sind seit diesem Erlebnis Lessings in der preußischen Hauptstadt ins Land gegangen. Nun sollen die höfischen Feste wieder zum Leben erweckt werden. Freilich ohne royalistische Begleitung, doch mit dem ausdrücklich positiven Signal der höchsten Stelle der Verwaltung des ehemaligen königliche Eigentums, der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Stiftungs-Pressesprecher Wolfgang Henze sagte am vergangenen Freitagabend im Schloss Lindstedt, man freue sich, dass ein fast vergessener Aspekt höfischen Lebens wieder ans Tageslicht gebracht werden soll. Um die Kunst höfischen Feierns zu realisieren, hat sich dafür 2008 ein Verein gegründet: „Höfische Festspiele Potsdam e.V.“. Den Vorsitz hat der Regisseur und Autor Kaspar von Erffa übernommen.

Zu Friedrichs Zeiten waren die Bürger von den Festen ausgeschlossen. Man konnte sie nur als „Zaungast“ beobachten, für einen „halben Taler“. Doch jetzt wird jedermann dazu eingeladen, wenn er das entsprechende Kleingeld mitbringt. Im „attraktiv-hochpreisigen Segment“ sollen die Veranstaltungen angesiedelt werden, wie man im Festivalkonzept lesen kann. Und natürlich sollen damit – die Feste will man im kulturarmen Monat Juli veranstalten – noch mehr Potsdam-Gäste angelockt werden.

Ziel ist es, ähnliche Besucherzahlen wie bei den Schlössernächten zu erreichen. Aber bis das erste „richtige“ Spektakel steigt, ist noch ein wenig Zeit. Im Jahr des 300. Geburtstages Friedrichs des Großen 2012 soll es den „Paukenschlag“ mit einem originalen historischen „Pferde-Caroussell“ geben. Mit kostümierten Pferden und Reitern, Tänzen, lebenden Theaterbildern und Konzerten sollen Geschichten aus der Antike nacherzählt werden. Für den königlichen Hof waren solche Feste nicht nur eine Lustbarkeit, sondern auch eine Leistungsschau“, sagte Kaspar von Erffa im Schloss Lindstedt bei der Vorstellung des Vereins und seines Anliegens. „Selbstverständlich werden die Höfischen Festspiele heute ebenfalls von hoher Qualität sein, professionelle Künstler haben dabei das Sagen.“

Doch bevor auf der Mopke am Neuen Palais das Fest gefeiert wird, ist der Verein nicht untätig . Mit kleineren, aber dennoch attraktiven Lustbarkeiten wird er vorher aufwarten. In diesem Jahr wird es zur Eröffnung von Schloss Schönhausen, der Residenz der von Friedrich verschmähten Gattin Elisabeth Christine, im September ein barockes Pferdekarussell geben, zum 200. Geburtstag von Königin Luise im kommenden Jahr wird schon etwas prachtvoller gefeiert. Pantomimische Tänze, ein Wandelkonzert, ein Maskenball, Konzerte, Lesungen und anderes stehen auf dem Programm. Auch im Jahr darauf wird man noch einmal mit einem „Hoffest“ Luise gedenken, die die Feiern selbst gern mitgestaltete.

Vom Höhepunkt aller preußischen Feierlichkeiten zur Zeit König Friedrich Wilhelms IV., das Fest der Weißen Rose, war im Schloss Lindstedt jedoch noch keine Rede. Erst müssen wohl die anstehenden Gedenkjahre „abgefeiert“ werden. Und viel Geld benötigt man für diese Events sowieso. Der Verein hoffe auf Anschubfinanzierungen vom Land, auf mäzenatisches Engagement sowie auf Sponsoren, sagte Kaspar von Erffa.

„Nur dann kann man die brandenburgischen-preußischen Hoffeste, die immer Gesamtkunstwerke waren, in seiner ganzen Breite erlebbar machen.“ Denn kein Besucher soll nach den Festen sagen: „Mein halber Taler dauert mich“.

Klaus Büstrin

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