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Eine Inszenierung mit gut gesetzten Höhepunkten, ohne sich zu verzetteln.

© Marlies Kross

Kultur: Ein harmonisches Ganzes

Operngastspiel aus Cottbus heute und Sonntag am Hans Otto Theater mit „Romeo et Juliette“

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Das zeitlose Liebesdrama von Romeo und Julia, das William Shakespeare für seine Zeitgenossen im 16. Jahrhundert und für die Nachwelt aufschrieb, kann man am Hans Otto Theater gegenwärtig als Schauspiel sowie als Oper erleben. Das musikalische Bühnenwerk stammt freilich nicht von dem großen englischen Renaissancedichter, sondern von dem französischen Komponisten der Romantik Charles Gounod.

Künstler aller Genres waren und sind immer wieder von dem Liebespaar in Verona bewegt, sodass sie ihre eigenen Versionen schufen, in Balletten, Musicals oder Filmen. Auch Charles Gounod, der sich gern Stoffen der Weltliteratur zuwandte. Am bekanntesten ist seine Oper „Margarethe“ nach Goethes Faust geworden.

Am Potsdamer Theater ist des Franzosen Oper „Romeo et Juliette“ nur in zwei Vorstellungen zu erleben, heute und am Sonntag. Dafür reist das Staatstheater Cottbus mit Solisten, Chor, Ballett und Philharmonischem Orchester in die Landeshauptstadt. Innerhalb des Theaterverbundes spielen die Cottbuser mit dem einzig verbliebenen Musiktheaterensemble des Landes Opern in Potsdam und in Brandenburg an der Havel. Dort war vor kurzem Gounods erstaunlich selten gespieltes Musikdrama „Romeo et Juliette“ bereits zu sehen. Der Komponist schrieb eine Musik „voll atmosphärischen Zaubers und sinnlicher Emotionalität“, heißt es im Programmheft des Staatstheaters. Mark Niemann am Dirigentenpult hat in Brandenburg mit den Symphonikern der Havelstadt das orchestrale Geschehen bestimmt (heute und am Sonntag mit der Cottbuser Philharmonie). Er ließ die hochromantische Musik wunderbar zur Geltung kommen, ob beim knalligen Walzer-Effekt, beim intensiv zelebrierten Trauerton oder beim saftigen Melos. Er verstand aber auch das Orchester vorbildlich zurückzuhalten, damit er frei war für das intensive Musizieren mit den Sängerinnen und Sängern auf der Bühne. Und das tat dem Ganzen sehr gut. Anna Sommerfeld als Juliette kann mit einer runden und tragfähigen Stimme aufwarten, die in der Höhe silbrigen Glanz versprüht. Auch in den leisen Momenten ist Gehaltvolles von ihr zu vernehmen. Ganz klar und natürlich ist ihre Gestaltung. Jens Klaus Wilde warf sich genauso wie seine Partnerin mit großem Engagement in die Partie, erfüllte die Vokallinie mit feiner Legatokultur, obwohl die Höhe hin und wieder gepresst wirkte. Von den insgesamt gut singenden Solisten und Chor (Einstudierung: Christian Möbius) ist besonders der stimmkräftige, jedoch immer klangschöne Ingo Witzke als warmherziger Pater Laurent zu erwähnen.

Intendant Martin Schüler war für die Inszenierung verantwortlich. In seiner Umsetzung geht er kein Risiko ein. Er weiß zu gut, dass die meisten Zuschauer in der Lausitz Opern ohne allzu viele „neuartige“ Sichten sehen wollen. Und so erlebte man die Cottbuser Interpretation von „Romeo et Juliette“ als ein in sich harmonisches Ganzes mit gut gesetzten Höhepunkten, ohne sich im sinnlosen Zierrat zu verzetteln. In eher schmucklosen Bildern (Ausstattung: Gundula Martin) zeigt Schüler, wie die beiden Liebenden auf sich zurückgeworfen sind, wie sie zwar vom Ausbruch aus den verfeindeten Familienclans träumen, jedoch an ihr Dasein gefesselt sind. Aus Befangenheit, aus Unsicherheit, vielleicht auch aus Angst davor, was jenseits gewohnter Mauern warten und drohen könnte. Vor allem diese intimen Szenen glücken genau, sind sehr bewegend und darum so beglückend. Die Arien und Duette werden auf Französisch gesungen, die Rezitative auf Deutsch. Diese unverständliche Mischung ist jedoch störend.

Das Publikum im Brandenburger Theater war dankbar für das Kennenlernen der wunderbaren Gounod-Oper in dieser fesselnden Aufführung aus Cottbus. Hoffentlich lassen sich die Potsdamer nicht lumpen und zeigen, dass auch sie ein opernbegeistertes Publikum sein können. Klaus Büstrin

„Romeo et Juliette“ im Hans Otto Theater, heute, 19.30 Uhr, Sonntag, 29. Mai, 17 Uhr. Gastspiel des Staatstheaters Cottbus

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