Kultur: Ein Ossi auf dem Weg zum Glück
Kurz vor dem Kinostart: Filmgespräch zu „Die Nachrichten“ mit Matti Geschonnek und Dagmar Manzel
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Eine typische Ossiszene: Der schöne Ex-Ost-Berliner und Nachrichtensprecher Jan Landers besucht mit einer schönen Blonden eine Vernissage. Es gibt auch „Fingerfood“, offeriert die Galeristin. Er stutzt. Das sind „Häppchen“, übersetzt die Blondine. Und setzt noch ein entschuldigendes „Er ist Ossi“ dazu. Unwissender Ossi im fremden Westen. Solche dann doch sehr klischeehaften Szenen gibt es haufenweise in „Die Nachrichten“, einem Fernsehfilm nach dem gleichnamigen Roman von Alexander Osang, der im Oktober im ZDF lief, mit dem Adolf-Grimme- Preis ausgezeichnet wurde und demnächst ins Kino kommen soll.
Am Dienstagabend war die Nachwendegeschichte über den erfolgreichen Ossi Landers, der es schafft, sich durch Abgucken, Mitmachen und Dazulernen ein neues Leben im Westen einzurichten und dann plötzlich von der Ost-Vergangenheit überrollt wird, beim Aktuellen Potsdamer Filmgespräch im Filmmuseum zu sehen. Die Geschichte spielt Mitte der 90er Jahre – und wirkt schon jetzt, als läge sie viel weiter zurück. Braucht man so einen Film noch im Kino?
Ost-Regisseur Matti Geschonnek und Ost-Schauspielerin Dagmar Manzel, die sich als Spiegel-Journalistin Doris Theysen auf Landers Stasi-Fährte begibt, beschrieben dem Radiomoderator Steffen Hallaschka ihr Verhältnis zum Film, zur Wende, zum neuen Deutschland. Das interessierte nicht jeden im Publikum. Nach und nach wurden die Sitzreihen leerer. Das mag an den oft statischen Fragen gelegen haben, die der Moderator vorbereitet hatte und loswerden wollte. Oder an den teilweise recht statischen Antworten des Regisseurs, die man ähnlich schon in den Medien lesen konnte: dass ihn Osangs Figuren mehr als die Geschichte gereizt haben, dass sie ihm in ihrem Beschädigtsein, in ihrem Nichtheldsein und ihrer Schrulligkeit nachvollziehbar erscheinen und alles andere als klischeehaft sind. Ihm hat die Sensibilität, der Osangsche Witz des Buches angesprochen, wiederholte er. Aber was soll man auch anderes sagen, wenn man mehrfach zu dem selben Thema befragt wird. Interessanter wurde es, als der Regisseur näher an die Figuren herantrat. Den Stasi-Offizier Zelewski zum Beispiel bezeichnete er als „kreuzgefährlichen Mann“, der nachdenklich ist, der an etwas glaubt, der es sich nicht leicht macht und trotzdem keinen lebenswerten, sinnvollen Weg findet.
Dagmar Manzel hält die Journalistin Doris Theysen – die sich zunächst selbstbewusst gegen den Auftrag ihres Chefs wehrt, Ost-Erfolgsmenschen zu porträtieren, dann aber wie selbstverständlich doch seinen Auftrag erledigt – für sympathisch und spannend. Das zentrale Thema ist für die Schauspielerin die Vereinzelung: Die Menschen in der Geschichte lassen ihre persönlichen Beziehungen absterben. Sie setzen sich weder mit der Gegenwart, noch mit der Vergangenheit auseinander, sagte sie. „Die Theysen ist doch eigentlich eine total einsame Frau, die nichts hat, außer ihrem Job.“ Für Manzel sind solche Geschichten wichtiger als Ost-West-Zusammenstöße. „Einsame, beziehungslose Menschen gibt es überall in Deutschland.“ Marion Hartig
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