Kultur: Ein Schauspieler, der zu Potsdam gehört
Gerd Staiger spielt in dem Stück „Der Feuerwehrball“ nach Milos Forman am Hans Otto Theater / Premiere morgen
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Gerd Staiger spielt in dem Stück „Der Feuerwehrball“ nach Milos Forman am Hans Otto Theater / Premiere morgen Von Klaus Büstrin „Die Kollegen von der Potsdamer Feuerwehr melden sich in manchen Szenen sehr passend zu Wort“ erzählt Gerd Staiger. Der Schauspieler meint natürlich die Martinshörner, die hin und wieder am Theaterhaus Am Alten Markt mit großem Getöse vorbeifahren und die Vorstellung fast unterbrechen. Aber die „Rufe“ dieser Hörner sind nicht immer adäquat, denn schließlich befindet man sich in der „Blechbüchse“ zwar während eines „Feuerwehrballs“, doch manchaml möchte man nicht an Arbeit erinnert werden. Das Hans Otto Theater inszenierte solch ein großangelegtes Fest, das sich in kleineren Städten und Dörfern alljährlich als das gesellschaftliche Ereignis etablierte. Morgen ist Premiere. Herbert Olschok, der in der vergangenen Spielzeit mit seiner Inszenierung „Leben ein Tanz“ für viel Furore sorgte, hat für den Bühnen-Feuerwehrball den Film des tschechischen Regisseurs Milos Forman bearbeitet und dabei selbst Regie geführt. „Diesen Film liebe ich sehr. Und ich war sehr interessiert daran, in diesem Stück mitzuwirken“, berichtet Gerd Staiger. „Der Autor hat das Stück von der Tschechoslowakei in die DDR verlegt. Aber da war zu ,sozialistischen’ Zeiten vieles sehr ähnlich. Ich glaube, Olschok ist eine wunderbare Satire gelungen. Nostalgie findet jedoch nicht statt.“ Erinnert „Der Feuerwehrball“ nicht in manchem an „Das Ballhaus“? Gerd Staiger: „Ja, es stimmt, aber diese bitterböse Geschichte wird nicht über den Tanz erzählt, sondern über spezifische Rollen, Dialoge, natürlich auch über Musik und Tanz.“ 35 Rollen findet man in dem Stück. Das gesamte Schauspielensemble steht auf der Bühne, aber auch ehemalige Ensemblemitglieder. Gerd Staiger ist darunter. „Ich komme immer wieder gern nach Potsdam, schließlich erlebte ich am Hans Otto Theater meine schönste und erfolgreichste künstlerische Zeit.“ Insgesamt war er 30 Jahre am Hans Otto Theater engagiert, unterbrochen von einem achtjährigen „Ausflug“ an das Kabarett Obelisk. „Damals, 1963, als ich am HOT begann, war noch der legendäre Gerhard Meyer Intendant. Er war ein Theaterleiter alter Schule, wusste genau, zu welchem Zeitpunkt er den Schauspielern und den Sängern die richtigen Rollen übertragen konnte, ohne sie zu überfordern.“ Gerd Staiger hat am Hans Otto Theater große und kleine Rollen gespielt. Um sie alle aufzuzählen müsste man einen Extra-Artikel verfassen. Aber immer konnte man einen Darsteller von großer Ausstrahlung sehen, der stets versuchte, die Charaktere, die er auf die Bühne brachte, zu durchdringen, oftmals mit einem wunderbaren Humor, der eher zum Leisen tendiert. Die Regisseure arbeiten mit Gerd Staiger sehr gern zusammen, schätzen seine große Ernsthaftigkeit und Präzision, mit denen er sich in die Arbeit „stürzt“. Auch das Allürenhafte liegt ihm fern. „Eine meiner schönsten Rollen fand ich gemeinsam mit Thomas Neumann in dem Stück ,Die Überquerung des Niagara-Falls’ von Alonso Alegria auf der Bühne des Alten Rathauses. Mehr als hundert Mal haben wir es gespielt, auch auf etlichen Gastspielen im Ausland.“ Der Schauspieler wurde einer der beliebtesten Mimen in Potsdam. Und viele freuen sich schon sehr auf die jetzige Wiederbegegnung mit Gerd Staiger. Vor zehn Jahren verabschiedete er sich als festes Ensemblemitglied vom Potsdamer Theater, an dem er sich nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Regisseur besonders von Komödien, Kinderstücken, Operetten und Musicals hervortun konnte. „Vielfalt war und ist mir wichig.“ Neben Gerhard Meyer haben aber auch die anderen Intendanten Peter Kupke und Gero Hammer Staiger immer wieder gefördert. Eine traurige Zeit begann für Potsdams Theaterleute in den sonst so hoffnungsvollen Jahren kurz nach der Wende. Der Theaterneubau auf dem Alten Markt war fast fertig. „Da haben Politiker beschlossen, das Theater muss weg. Für mich, für meine Kollegen und für viele Zuschauer war das wie ein Schlag ins Gesicht. Mit einem Bühnenbildassistenten ließ ich mit einem Kran bis ganz nach oben des Rohbaus fahren. Wir schrieben an die ,Fassade’: Hier ruht Ihr festlicher Theaterabend.“ Aber aller Protest half nichts. Das Theater wurde abgerissen. Staiger verabschiedete sich von Potsdam, hatte kein Vertrauen mehr in die Stadtpolitik, fortan spielte er in mehreren Theatern, u.a. in Bremerhaven, in Schwerin, wo er jetzt auch lebt, auch hin und wieder in Potsdam, bei den Salzburger Festspielen. „Dort arbeitete ich mehrmals mit dem großen Regisseur Peter Stein zusammen. Dies war eine sehr fruchtbare Zeit für mich.“ In diesem Jahr war er mit einem Tourneetheater in vielen westdeutschen Städten unterwegs. Über 100 Mal hat er in dem englischen Stück „Quartetto“, u.a. mit Brigitte Grothum gespielt. Die Tournee geht aber in Bälde noch weiter. Vielleicht macht man auch in Potsdam Halt Doch Staiger freut sich, dass das lange Warten der Potsdamer auf ein neues Theater bald ein Ende hat. „Aber so richtig glaube ich erst an den Neubau, wenn darin die erste Premiere stattfindet.“
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