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Kultur: Ein „Stiefkind“ behauptet sein Recht

Vom 7. bis 9. November gibt es zum vierten Mal die „intersonanzen“, das brandenburgische Fest der Neuen Musik

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Vom 7. bis 9. November gibt es zum vierten Mal die „intersonanzen“, das brandenburgische Fest der Neuen Musik Die Neue Musik führt oft einen Kampf gegen „Windmühlen“. Da es an Aufführungsmöglichkeiten fehlt, verkümmern viele Kompositionen in heimischen Schreibtischen. Gelangen sie eines Tages doch ans Licht der Öffentlichkeit, fehlt ihnen das große Publikum. Eingeschliffene Hörgewohnheiten, die am Mainstream ausgerichtet sind, verschließen sich zumeist Neuem, Unkonventionellem. Das Brandenburgische Fest der Neuen Musik „intersonanzen“ möchte diese Entwicklung nicht als gegeben hinnehmen und startet vom 7. bis 9. November nunmehr zum vierten Mal durch. „Neue Musik muss sich durch ihre inhaltliche und künstlerische Stärke durchsetzen, doch dazu braucht sie Gelegenheit“, so intersonanzen-Projektleiter Dr. Michael Schenk. Selbst Komponist, weiß er, dass es in den vergangenen Jahren noch schwieriger für seine Kunstrichtung geworden ist: nicht nur in den Konzertsälen, sondern auch im Rundfunk. „Es gibt immer weniger Sendeplätze, auch der ORB hat schon vor der Fusion permanent Möglichkeiten gestrichen.“ So gebe es im Land Brandenburg eigentlich nur drei Orte, die sich kontinuierlich der Neuen Musik verschreiben: die „Randspiele“ in Zepernick, die Musikakademie in Rheinsberg und die vom Brandenburgischen Verein Neue Musik organisierten „intersonanzen“. Aber selbst um diese letzten Festungen müsse gekämpft werden. So erhielten die „Randspiele“ in diesem Jahr keine Förderung mehr, und auch die „intersonanzen“ mussten zwei von den ursprünglich acht geplanten Konzerten streichen. Deshalb könne man in diesem Jahr den Kindern kein extra Angebot unterbreiten und auch das „Nachspiel“ von „Jugend komponiert“ fiel dem Rotstift zum Opfer. „Bei den Honoraren für die Künstler konnten wir jedenfalls nicht mehr weiter herunter gehen.“ Dennoch sieht Michael Schenk die vierte Neuauflage als Bestätigung des eingeschlagenen Weges. Um gehört zu werden, müsse man natürlich kräftig trommeln: nicht nur ums Publikum, sondern auch um die Geldgeber, die sich aus Land, Stadt und den Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband zusammensetzen. So wurden Flyer, Programmhefte und Poster gedruckt, die dieses Fest mit immerhin sechs Uraufführungen würdig begleiten. „Es braucht, anders als im populären Bereich, kulturpolitische Unterstützung. Es ist die Entscheidung des Staates, ob sie die Vermassung oder aber die ganz individuellen Sprachen fördert. Neue Musik ist eine Nischenkultur und man kann nicht erwarten, dass sie große Häuser füllt. Aber es gibt auch hier ein Publikum, und auch das sucht seine zuverlässigen Inseln. Der Brandenburgische Verein Neue Musik habe durchaus die Kraft und Kompetenz, diese Inseln zu beseelen. Schließlich wirken inzwischen rund 60 Mitglieder im Verein, von den „Urgesteinen“ Wolfgang Schnoor und Karl-Ernst Sasse bis zu jüngeren Komponisten, wie Alex Nowitz, Peter Köszeghy oder Uwe Krause, die sich mit ihren Neuschöpfungen natürlich ebenfalls in die „intersonanzen“ einmischen. Welche Werke zur Aufführung gelangen, darüber entscheiden auch die Ensembles mit, die vor der Komposition festgelegt wurden. „In unserer Begegnung kann man gut die Vielfalt der zeitgenössischen Musik verfolgen. Dabei sind nicht nur die Uraufführungen relevant, auch die klassische Moderne redet ein ,Wörtchen“ mit. Uns geht es um Kompositionen, die in die Zeit passen, sich an den Konflikten reiben. Eine wichtige Ebene bringt auch die zeitgenössische Poesie mit hinein, an der viele Tonschöpfer ihre Ideen brechen.“ Zwei Themen bestimmen in diesem Jahr das Fest: „Zwischen Programm und Abstraktion“ sowie „Zwischen Ost und West“. Musik aus Russland, Polen, Ungarn und Bulgarien steht neben Werken amerikanischer oder italienischer Komponisten, und mittendrin „tummeln“ sich die brandenburgischen Komponisten. Auch die Ernte des im vergangenen Jahr ausgeschriebenen internationalen Kompositionswettbewerbs wird eingefahren: beim Preisträgerkonzert am Samstag um 16 Uhr im Alten Rathaus. Zuvor gibt es um 14 Uhr am gleichen Ort ein Podiumsgespräch, das den noch jungfräulichen Kontakt zum bulgarischen Komponistenverband anzapft und die dortigen Verhältnisse in der zeitgenössischen Musik hinterfragt. Neu ist nicht nur die Musik, sondern auch die „intersonanzen“-Räume. So findet das Eröffnungskonzert (Freitag, 20 Uhr) und auch eine Matinee (Sonnabend, 11 Uhr) im Nikolaisaal statt. Erstmals erklingen bei „intersonanzen“ zeitgenössische Orgelstücke - gepaart mit Percussion: am Sonnabend um 19 Uhr in der Erlöserkirche. „Wir wollen, dass sich durch Programmmontagen, so in der Verbindung mit Gesprochenem, Gesungenem und Elektronischem, die Ohren weit öffnen. Musik ist nicht elitär, eher einzigartig. Wenn man mit ihr Kontakt hat, erlebt man ungewohnt Aufregendes. Doch man muss die neue Musiksprache auch verstehen lernen. Und da hapert es bereits an der völlig unzureichenden künstlerischen Ausbildung in den Schulen, die die Potenz zeitgenössischer Musik völlig unterschätzt.“ Michael Schenk kümmert sich seit Jahren, dass diese Musik ihren festen Platz bekommt, „einfach weil ich sehe, was für kluge und vielseitige Menschen hinter den Noten stehen, die durch ihre Musik das eigene Ich nach außen tragen.“ Um sich mehr im Brandenburgischen zu vernetzen, hofft er künftig auch auf ein Zusammengehen mit anderen Künstlerverbänden. „Bislang scheiterten gemeinsame Projekte allein daran, dass eine Mischfinanzierung so schwierig zu organisieren ist.“ Hoffnung setzt Michael Schenk auch auf die zahlreichen Institute in der Stadt, in die er zeitgenössische Musik gern hineintragen würde. „Vielleicht wären ja auch Kompositionsaufträge möglich.“ Bei all“ den Schwierigkeiten freute er sich um so mehr über die Nachfrage bei den „intersonanzen“ im vergangenen Jahr. „Immerhin kamen durchschnittlich 100 Zuhörer pro Konzert. Aber das ist leider nie verlässlich.“ Heidi Jäger Weiteres unter: bvnm.cottbusstyle.de/aktuell/bvnm_meldungen.php oder Tel. 0331-2701130.

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