
© Doro Wiederhold;
Von Klaus Büstrin: Ein Stück Paradies
In ihrem neuen Buch hat Doro Wiederhold auch Potsdamer Gartenparadiese entdeckt
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Paradies. Dieses Wort wird heutzutage schnell einem hübschen Stück Gartenland, einer bunten Blumenwiese oder blühenden Obstplantage zugeordnet. Es hat den Anschein, dass Paradiese kaum noch „als Normalität, als Menschenrecht wahrgenommen werden“, wie die Schriftstellerin Eva Demski schreibt. Solche Gedanken überkommen einen, wenn man sich das Buch mit dem recht unprosaischen Titel „Offene Gärten in und um Berlin“ von Doro Wiederhold zu Gemüte zieht. Zumal man einige Gärten, die im Buch Aufnahme gefunden haben, aus eigener Anschauung kennt und für sich beschlossen hat: Ja, es gibt wirklich irdische Paradiese, die jedoch nie fertig werden.
In elf Gärten war die in Langerwisch lebende Autorin, Fotografin und vor allem leidenschaftliche Gartenliebhaberin und Gärtnerin Doro Wiederhold unterwegs, in Berlin, Falkensee, Schönwalde, Brandenburg an der Havel, Bergholz-Rehbrücke, Eiche sowie in Bornstedt. In diesen privaten Refugien dürfen Neugierige nicht nur über den Gartenzaun schauen, sondern auch durch die Pforte gehen und sehen, wie es und was im Verborgenen grünt und blüht, wie die Gartenbesitzer in jahrelanger Erfahrung ihre eigene Gestaltung vornehmen und selbst bepflanzen. Zu einem Stück Paradies. Für den Besucher werden sie aber auch zu einem reichen Ideenfundus. Die in dem Buch vorgestellten Gärten sind während der Aktion „Offene Gärten“, die die gleichnamige Initiative Berlin-Brandenburg sowie die Urania Potsdam seit Jahren veranstaltet, zu erleben. Auch Doro Wiederhold hat sie ins Visier genommen. Doch nicht nur an diesen ausgesuchten Offenen-Gärten-Tagen, sondern sie vereinbarte stressfreie Extra-Besuche mit den Gartenbesitzern, zu den verschiedenen Jahres- und Tageszeiten. Im Winter jedoch weniger. Wenn sie sich in eines dieser Paradiese aufmachte, dann stellte sie sich ganz und gar auf sie ein. Wer weiß, vielleicht hätte auch Doro Wiederhold eine Einladung zum Tee beim Außenminister ausgeschlagen, wie es die leidenschaftliche englische Gärtnerin Vita Sackville-West sich erlaubte: Der Garten geht nämlich vor.
Der Fotoapparat war das wichtigste Utensil, das die Autorin bei sich trug. Die vielfältigen Gartenlandschaften kamen aufs Bild. Die zahlreichen Fotografien Doro Wiederholds sind das besonders Augenfällige des Buches. Das Flair der Gärten und ihre Details hat sie in ausdrucksstarken Aufnahmen wiedergegeben: Die üppige Blütenpracht und die leisen Farbtöne, das verschiedene Grün des Rasens, der Sträucher und Hecken sowie der Bäume. Die Autorin versuchte das ganze Spektrum an Größe, Stilrichtung und möglichen Gestaltungsvarianten der elf Privatgärten vorzustellen. Und natürlich erzählt sie auch über die passionierten Besitzer und Gestalter, die das ganze Jahr über für und mit ihrem Garten leben, nicht in dem Ton „Ich weiß was“, sondern mit angenehmer Zurückhaltung, immer auf den Garten zielend. Beispielsweise über Barbara Welk-Nies und Günter Nies in Eiche. In einem reinen Nutzgarten mit Kirsch- und Apfelbäumen, Beeren- oder Tomatenpflanzungen hat das Ehepaar – Barbara Welk-Nies war die treibende Kraft – eine „friedliche Koexistenz von Augen- und Gaumenfreuden“ geschaffen. In barockem Überschwang machen vor allem die edlen Rosensorten, sie gedeihen hier zumeist unter Obstbäumen, die Schönheit dieses Gartens aus. Wenn im Sommer jede einzelne Rosenblüte ihren unwiderstehlichen Duft verströmt, dann ist der Höhepunkt eines Gartenjahres für das Ehepaar Welk-Nies gekommen.
In der Nachbarschaft von Eiche liegt Bornstedt. Bei Evelyn und Christian Fleming machte Doro Wiederhold des öfteren Station. Deren Garten, der „schattig und frisch, ruhig, kontemplativ“ ist, hat die Autorin besonders ins Herz geschlossen zu haben. Hier kann man wunderbar zur Ruhe kommen, schreibt die aufmerksame Besucherin aus Langerwisch. Der Garten lebt von den Sichtachsen und Beziehungen, von den verschiedenen Räumen. Der Landschaftsarchitekt Hermann Göritz, der Nachbar der Flemings war, stand ihnen mit so manchen Ratschlägen zur Seite. Doro Wiederhold hat im Buch ein Foto aufgenommen, das die Eheleute gemeinsam mit Evelyns Mutter, der wunderbaren und immer helfenden Edith Doernbrack, während eines Garten-Gesprächs zeigt. Man kann es auch nachlesen. „Wir machen das ja für uns persönlich, weil man die Freude hat an dem, was fertig geworden ist“, sagt Christian. „Nein“, antwortet Evelyn „man macht es auch für die Leute, die es sehen wollen, das hat sich so entwickelt.“ Und später meint sie: „Der Garten ist von uns Dreien nicht zu trennen, jeder gibt seinen Senf dazu.“
Hermann Göritz stand auch Pate beim Garten von Gitta und Ekkehard Bräuer in Brielow bei Brandenburg. Großzügig ist er angelegt. Mit seiner Weite und den natürlichen Bodenerhebungen wirkt er wie ein englischer Landschaftspark. Von besonderer Kostbarkeit hier sind die seltenen Laubbäume.
Auch ihren eigenen Garten in Langerwisch stellt Doro Wiederhold vor, den sie mit ihrem Mann Ad de Kok gestaltete. Dabei stellt sie sich ebenfalls nicht in den Vordergrund, sondern allein der Garten, der sich trefflich mit der Landschaft hinter dem Grundstück verbindet, ist wichtig. „Und wenn ich mal einen Gartenteil ein paar Tage nicht besuche“, schreibt die Autorin, „geht das Leben dort unvermindert weiter, und ich stelle fest, dass ich gar nicht so wichtig bin. Und dann lehrt mich der Garten natürlich Geduld, aber daran muss ich noch arbeiten.“
Doro Wiederhold: Offene Gärten in und um Berlin, Steffen Verlag, Friedland, 24.95 Euro. Die Offenen Gärten 2011 finden am 28. Und 29. Mai statt. Informationen unter www.urania-potsdam.de
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