Väter und Söhne. Ihre Beziehungen sind oftmals gestört, da die Väter ihre Wünsche von Lebensvorstellungen auf die Söhne projizieren möchten. Söhne wollen jedoch ihrer eigenen Wege gehen. Konflikte sind angesagt. Die Geschichte hat mannigfaltige Beispielen parat: Friedrich Wilhelm I. und Friedrich der Große oder Leopold und Wolfgang Amadeus Mozart. Doch es gibt viele ungenannte Vater- und Sohn-Probleme, die sich täglich neu ereignen.
Der in Bad Saarow beheimatete Schriftsteller Till Sailer erzählt über seine Beziehungen zu seinem Vater in dem Essay „Erben“. Er ist jetzt in dem autobiographischen Buch „Ein unsichtbares Feuer“ (trafo-Verlag) erschienen. Darin sind eine Vielzahl gesammelter Texte, auch bisher unveröffentlichte, aus den Jahren 1963 bis 2006 zu finden. In der Buchhandlung „Internationales Buch“ in Potsdam hat er dieser Tage den Band vorgestellt und daraus gelesen, auch „Erben“.
Till Sailer, Jahrgang 1942, gebürtig in Weimar, schreibt darin über seinen eigenen Vater, der Lehrer an einer Nazieliteschule in der Klassikerstadt war. Ende des Krieges starb er während seines „Dienstes“ als Volkssturmmann. Weltferne Gedichte hat er verfasst. Sailers Mutter bewahrte sie auf. Und als auch sie starb, wurde Till Sailer zum Erben der Lyrik seines Vater, die von „Natur und Liebe sang, aber auch von Blut und Boden“ (Sailer). Die Mutter war von der Qualität der Gedichte überzeugt. Sie wollte, dass sie veröffentlicht werden. Doch der Sohn konnte und kann ihren Wunsch nicht erfüllen. Des Vaters Texte als Wegbereiter des Grauens.
Der brandenburgische Schriftsteller, der „Erben“ vor mehr als zwanzig Jahren verfasste, also noch während der DDR–Zeit, erzählt auch von seinem „geistigen Vater“, den antifaschistischen Dichter Louis Fürnberg. Unkritisch. Fürnberg war der Verfasser der unsäglich-grauenvollen Verse „Die Partei, die Partei, die hat immer Recht“ aus dem Jahre 1953, in denen Stalin himmelhoch jauchzend besungen wird. Solche Texte gehören zu den Wegbereitern von Bevormundung und vor allem ideologischem Alleinvertretungsanspruch.
Die gelungendsten Texte Till Sailers sind die, in denen es nicht vordergründig um politische Themen geht. Beispielsweise die „Lehrstunde mit Albert Ebert“, der Hallenser Malerlegende, oder der Besuch im Museum des georgischen Malers Pirosmani in Tbilissi. Immer wenn es in seinen Geschichten um Komponisten und um ihre Werke geht, wird der studierte Orchestermusiker in seiner Schreibweise noch freier. Gerade mit seinen Musikergeschichten ist Sailer besonders zu DDR-Zeiten bekannt geworden. In dem Buch veröffentlicht er eine Erzählung über den Kirchenmusiker und Komponisten Hugo Distler, der in der NS-Zeit sich das Leben nahm, weil er dem Druck der politischen Verhältnisse nicht stand halten konnte. Da kann man Politik nicht ausblenden. Doch hierbei wird sie feinfühlig in die Erzählung eingebunden.
Till Sailer, „Ein unsichtbares Feuer“, trafo-verlag Berlin, 22, 90 Euro
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: