zum Hauptinhalt

Kultur: Erinnerung an Geschichte

Der 90. Geburtstag von Walter Janka im Filmmuseum

Stand:

Der 90. Geburtstag von Walter Janka im Filmmuseum Von Klaus Büstrin 90 Jahre alt wäre Walter Janka, der Verleger und Dramaturg, am 29. April geworden. Doch am, 17. März 1994, kurz vor seinem 80. Geburtstag starb er. Das Filmmuseum erinnerte an den streitbaren Menschen, der zunächst in der KPD, dann in der SED versuchte, die Welt etwas menschlicher zu machen. Familienmitglieder, darunter die Witwe Charlotte Janka, und Freunde blieben an diesem Abend fast unter sich. Die Museumschefin Bärbel Dalichow wies darauf hin, wie schwierig es sei, Zeitgenossen für Geschichte zu interessieren. Der Filmhistoriker Dr. Günter Jordan fand zunächst würdigende Worte für Janka, danach wurde die Videoaufzeichnung eines Gesprächs zwischen Walter Janka und dem Literaturwissenschaftler und Publizisten Werner Mittenzwei aus dem Jahre 1992 vorgestellt, eine Arbeit die rein dokumentarischen Wert hat. Walter Janka erzählte über seine Erfahrungen als Leiter des Aufbau Verlages, den er zum wichtigsten belletristischen Verlag der DDR machte. Von 1952 bis 1956 war er sein Chef. Im Jahre 1957 wurde er nach der Zerschlagung des Ungarn-Aufstandes wegen „Bildung einer konterrevolutionären Gruppe“ zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Er kam nach Bautzen. Internationale Proteste unter anderen von den Schriftstellern Halldor Laxness, Lion Feuchtwanger, Leonhard Frank oder der Familie Thomas Mann erreichten die SED-Führung. So konnte er nach gut drei Jahren entlassen werden. Walter Janka erzählte im Video von den Begegnungen mit den Dichtern Johannes R. Becher und Bertolt Brecht. Becher, der zum DDR-Kulturminister avancierte, habe, so der Interviewte, stets darunter gelitten, dass er nicht den Ruhm erntete wie beispielsweise Brecht. Außerdem verriet Janka, dass der Minister stark drogenabhängig war. Brecht, so der ehemalige Chef des Aufbau-Verlages, war dem Geld sehr zugetan. So war es nicht einfach ihn davon zu überzeugen, dass Rechte an seinem Werk auch der Aufbau Verlag erhalten sollte, nicht nur „Suhrkamp“ in Westdeutschland. Auch dass die Bücher für Thomas und Heinrich Mann bald regelmäßig in der DDR erschienen, war Walter Janka zu verdanken. Gern hätte er auch eine Verlagsfiliale in Hamburg eröffnet. Dafür war rechtlich und auch finanziell alles geklärt, doch in letzter Minute hat Ulbricht Nein gesagt. Nach der Entlassung aus dem Bautzener Zuchthaus war Walter Janka zunächst arbeitslos, dann konnte er mit Unterstützung von Freunden die Tätigkeit eines Dramaturgen bei der DEFA aufnehmen. Zwölf Spielfilme sind unter seiner Mitwirkung entstanden, darunter „Goya“, „Lotte in Weimar“ und „Die Toten bleiben jung“. Aber auch bei dem „grenzenlos optimistischen“ Film „Zeit zu leben“ von Horst Seemann aus dem Jahre 1969 übernahm Walter Janka die Dramaturgie. Der DEFA-Film wurde an dem Erinnerungsabend des Filmmuseums gezeigt. „Der Regisseur Seemann ist dem Drehbuchautor Seemann haushoch überlegen. Er denkt optisch: die Schönheit speziell der Großaufnahmen kann fast immer die latente Oberflächlichkeit eines Dialogparts wettmachen“, schrieb nach der Premiere Renate Holland-Moritz im „Eulenspiegel“. Heute, 35 Jahre danach, wirkt der Film durch seinen Agit-Prop-Stil noch lächerlicher als damals. Glücklicherweise hatte Seemann den Kameramann Helmut Bergmann an seiner Seite, der wunderschöne Aufnahmen in seine Kamera zauberte. Das Filmmuseum erinnert in seiner neuen Dauerausstellung über die Filmstadt Babelsberg mit Dokumenten und Utensilien stets an Walter Janka als Dramaturg. Seine Frau Charlotte, die ihm Jahrzehnte in allen schwierigen Situationen während der Nazi- und DDR-Zeit (von 1933 bis 1935 war er im Zuchthaus von Brandenburg gefangen, danach ging er mit seiner Frau ins Exil, u.a. nach Mexiko) an seiner Seite war, freute sich natürlich, dass das Andenken an ihren Mann im Filmmuseum in guten Händen ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })