
© Manfred Thomas
Kultur: Erwachsen erst ab 30
Regisseur Jonas Grosch hat seinen Film „bestefreunde“ im Thalia-Kino vorgestellt
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Erwachsen sein – was ist das eigentlich? Eine Altersgrenze, eine Liste von Dingen, die man erreicht haben muss oder doch eher ein Lebensgefühl? Vielleicht ist es auch nur der Mut, Veränderungen zuzulassen, sich von Vertrautem zu trennen und selbstständige Wege zu gehen.
Von all diesen Dingen ist Susi Q (Katharina Wackernagel), die Protagonistin in Jonas Groschs neuem Film „bestefreunde“, den der Regisseur gemeinsam mit seiner Crew am Donnerstagabend im Babelsberger Thalia-Kino vorstellte, weit entfernt. Als freie Fotografin Anfang 30 reist sie zusammen mit ihrem besten Freund Mark (Sebastian Schwarz) um die Welt und berichtet auf ihrem Blog von Erlebnissen aus aller Herren Länder. Die beiden leben dabei von einem Tag in den nächsten. Das alles ändert sich, als Mark sich in die Yogalehrerin Vivian (Tina Amon Amonsen) verliebt. Auf einmal nimmt er einen geregelten Job an und hat kaum noch Zeit für seine Freundin Susi. Für die bricht damit eine Welt zusammen. Doch anstatt sich ein eigenes neues Leben aufzubauen, setzt sie alles daran, Mark wieder für sich zu gewinnen, ohne zu merken, dass sie dadurch erst recht die Freundschaft zu Mark verliert.
Wie Grosch am Donnerstagabend erzählte, sei diese zerbrechende Freundschaft das zentrale Thema von „bestefreunde“. „Es ist eine Parabel auf ein Stück Jugend, die man mit der Zeit verliert“, so der Regisseur, der bereits in seinen Filmen „Résiste“ (2009) und „Die letzte Lüge“ (2011) mit den beiden Hauptdarstellern zusammenarbeitete. Gleichzeitig sei es aber auch die Geschichte einer Frau, die gegen jede Veränderung rebelliert und nicht akzeptieren kann, dass sich die Welt um sie verändert. „Das ist tatsächlich ein Phänomen, das mir in meinem Bekanntenkreis oft begegnet ist“, so Grosch. „Gerade in Großstädten wie Berlin beginnt das Erwachsenwerden nicht unbedingt in den 20ern, sondern eher Anfang 30.“
Sie könne sich absolut mit diesem Lebensgefühl des Noch-nicht-angekommen-Seins identifizieren, sagte Hauptdarstellerin Katharina Wackernagel, auch wenn sie selber durch ihren Beruf schon sehr früh erwachsen geworden sei. „Trotzdem gibt es immer wieder Phasen, in denen ich mich neu sortieren muss und es so einen Wachstumsschub gibt“, so die Schauspielerin. Die Figur der Susi sei dann aber doch mehr eine Mischung aus ihr, ihrem jüngeren Bruder Grosch und dem Co-Drehbuchautor Carlos Val. „Mich selber würde ihr Lebensstil wahnsinnig machen“, sagte sie. „Nie wissen, was am nächsten Tag kommt, nee, so eine coole Sau bin ich nicht.“
Den Regisseur habe an der Figur der Susi vor allem ihre Widersprüchlichkeit gereizt, die sie mit sich bringt. Wie er sagte, sei sie für ihn eine Antiheldin, die man als Zuschauer nicht immer verstehen kann, die dabei aber trotzdem sympathisch bleibt. „Das ist natürlich dann auch die Kunst, diesen Mittelweg dazwischen zu finden“, gab Grosch lachend zu. „Aber wir wollten das auch ein bisschen ausprobieren, sehen, ob die Zuschauer dranbleiben oder aussteigen.“ Mark hingegen symbolisiere als Gegenentwurf den Scheideweg der beiden. „Er zeigt quasi, dass es dazugehört, Entscheidungen zu treffen, bei denen andere auch mal zurückbleiben“, sagte Darsteller Sebastian Schwarz, der eng mit Wackernagel befreundet ist. „Man kann nicht ewig am Alten festhalten, das ist die Geschichte, die wir erzählen.“
Vor allem aber ist es eine Geschichte, die eine Frage stellt: Muss man, um erwachsen zu werden, wirklich das innere Kind begraben oder einfach nur lernen, sich gegen von außen auferlegte Zwänge zu wehren?
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