
© Erna Schielden
Hans Otto zu Gast bei Christian Heinze: Garten-Lesung des Romans „Die Jüdische Souffleuse“
Zum 13. Mal war das Hans Otto Theater in Häusern und Gärten der Berliner Vorstadt zu Gast. Diesmal mit einem Roman von Adriana Altaras bei dem Künstler Christian Heinze.
Stand:
Diese Frau ist ein Wunderwerk an verschiedenen Talenten. Adriana Altaras spielt, schreibt, inszeniert. Letzteres auch regelmäßig in Potsdam, seit vielen Jahren schon. Zuletzt vor knapp zwei Jahren, damals im Schlosstheater, als Regisseurin. Sie inszenierte die Winteroper „Il matrimonio segreto“, als Triumph gefeiert.
Am Donnerstag war diese Tausendsassarin einen Abend lang zurück. Als Autorin diesmal. Nicht im Schloss, sondern im Garten des Künstlers Christian Heinze. Sie kam in Gestalt eines Buches: „Die jüdische Souffleuse“. Erschienen bereits 2020, aber thematisch so nah, an dem, was 2024 bewegt, dass es fast ungeheuerlich wirkt.

© Imago
Psychische und politische Folgen des Holocaust
Es ist die Geschichte einer Opernregisseurin namens Adriana, die sich mit ihrer Souffleuse auf die Suche nach deren Familie begibt. Mechanismen des Theaterbetriebs werden unterhaltsam bloßgestellt, aber nur am Rande. Es ist dies eine Reise in die dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte, bis nach Auschwitz und Mauthausen. Auch ins Israel der 1950er Jahre.
Es ist ein Buch über die Folgen des Holocaust, psychische und politische. Ein Buch, das vom Gründungsimpuls des Staates Israel erzählt, ohne ihn zu glorifizieren, von Antisemitismus ohne anzuklagen, von nervtötendem Philosemitismus unter Deutschen mit schlechtem Gewissen. Von einem Rechtsruck in Europa, der schon 2020 deutlich spürbar war.
Die Lesung mit Musik (Yvonne Grünwald am Akkordeon) war die 13. Veranstaltung einer Reihe, mit der das Hans Otto Theater die schönsten Gärten der Berliner Vorstadt auskundschaftet. „Hans Otto zu Gast in den Gärten und Häusern der Stadt“ heißt sie, Partner ist der Verein Berliner Vorstadt e.V.
Dass Schauspielerin Katja Zinsmeister las: ein Glücksfall. Sie schaffte es, stimmlich das Erstaunlichste an diesem Buch herauszukitzeln. Es ist nicht nur finster, sondern in Teilen sehr komisch. Was tun die Erzählerin und ihre Souffleuse im Archiv der Gedenkstätte des KZ Mauthausen, um die recherchierten Schrecken zu verdauen? Sie essen Käsekuchen. „Es geht nichts über Zucker, so nah am Abgrund.“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: